Bezold, Albert von

Albert von Bezold an Ernst Haeckel, Jena, 21. Dezember 1860

Jena den 21 Dezember 1860

Lieber und verehrter Freund!

Du kannst Dir wohl vorstellen, daß Gegenbaur durch Deine neuen Aussichten in Berlin, ziemlich unangehnem überrascht wurde in Betreff dera Wahrscheinlichkeit Dich hier als unsern Collegen zu sehen. Es läßt sich nun in diesem Falle schwer ein Rath ertheilen. So viel steht fest, daß Du falls Du Dich hier habilitiren solltest, die sichere Aussicht hast wofür Gegenbaur einsteht, binnen einem Semester eine Professur für Zoologie zu b erlangen und daß Gegenbaur sein Möglichstes thun werde Dir diese Stellung durch Abtretung von Vorlesungen, Sammlungen pp möglichst angenehm zu machen. Auf der andern Seite ist es bei den eigenthümlichen Verhältnissen in der || hiesigen Facultät unmöglich, Dir von Seebeck’s Seite eine offizielle Zusage zu ertheilen, und sowohl in Seebeck’s als in Gegenbaur’s Interesse liegt es, daß diese ganze Sache (die Aussicht auf die Professur nemlich) nicht schon jetzt c in die Öffentlichkeit gelange. Dieß behindert aber durchaus nicht, daß Du diesem Versprechen Gegenbaur’s Dein vollstes Zutrauen schenkest. Wie ausgezeichnet ehrlich und wie sehr nur das allgemeine Wohl erstrebend hier Gegenbaur handelt, dasd weiß ich sehr wohl zu schätzen, ich der an Gegenbaur einen ganz ausgezeichneten Collegen und Freund gefunden hat.

Nun siehst Du wohl ein, möchte ich Dir vorschlagen mit Gegenbaur’s Übereinstimmunge, sowohl zur Deiner als unsrer Aufklärung in der nächsten Zeit in diesen Ferien auf 1 oder mehrere Tage persönlich hier zu erscheinen. Die mündliche Besprechung mit Gegenbaur u. Seebeck, würde || mindestens den guten Zweck erreichen, daß Du die hiesigen Verhältnisse etwas klarer beurtheilen lerntest, was durch Briefe so schwer erreicht wird. Daß Du mir insbesondere eine große Freude verursachen würdest, wenn Du meine arme Behausung würdigtest Dich aufzunehmen, brauche ich Dir nicht zu versichern. Du bist wiederholt aufs herzlichste eingeladen. Mündlich läßt sich viel abmachen, was schriftlich höchst umständlich, ja unmöglich ist. Ich bleibe während der ganzen Ferien hier, da ich sehr viel zu arbeiten habe. Ich bitte Dich, mich Deinen hochverehrten Eltern, sowie Deiner liebenswürdigen Braut auf das herzlichste zu empfehlen. Siehst Du Du Bois und Virchow zu [Weihnachten] empfiehl mich diesen beidenf. –

Die herzlichsten Grüße von Deinem

Bezold

Daß ich noch insbesondere für meineng letzten Aufenthalt in Berlin h der Freundlichkeit Eurer ganzen Familie sehr viel Dank schulde und bewahre, das hielt ich für überflüßig, besonders hervorzuheben.

a korr. aus: deren; b gestr.: b; c gestr.: of; d korr. aus: daß; e korr. aus: Zustimmung; f korr. aus: Beiden; g korr. aus: Deinen; h gestr.: s

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
21.12.1860
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7721
ID
7721