Leopold Besser an Ernst Haeckel, Bonn-Poppelsdorf, 12. Juli 1893
Poppelsdorf Bonn
Villa Victoria
12/VII 93.
St. a. Be.
v. a/h.
Geehrter Herr Professor!
Der durch seinen Pater-Aurelian-Proceß wohl auch Ihnen bekannt gewordenen Dr. Heinrich van Look II Chef-Redacteur d. Köln.-Zeitung – ein in Proceß- u. Anklage-Sachen viel gewandter Herr – lacht über Summen v. 1500-1600, die H. Hamann fordert. Verurtheilt aber würden Sie werden zu einer kl. Geld-Bagatelle, da Sie z. B. statt zu sagen „Nach diesem Mißerfolg versuchte er sein Glück“ – objectiv/sagen: „Der Mißerfolg bewog ihn, nun sein Glück zu ersuchen“ – subjectives Urtheil. ||
Es handle sich namentlich um § 193 des Strafgesetzes „Vertretung berechtigter Interessen.“ u. darum nachzuweisen, daß es Ihnen gar nicht daran gelegen, von H. zu beleidigen, sondern lediglich Thatsachen objectiver Dinge bez. desselbena festzustellen. –
Sie müßten namentlich aus dem Angeklagten x der Ankläger zu werden suchen u. ohne d. H. zu beleidigen, darlegen, daß Sie seine Undankbarkeit, Treulosigkeit pp. anzuklagen, sich vor Ihrem || eigenen Gewissen wie der Ehre der Wissenschaft gezwungen fühlen.
Natürlich, meint van Look, da der Begriff „Beleidigung“ juridisch kaum zu fassen, werde Alles auf die Richter ankommen. S. S. empfiehlt er dringend, anklagend u. nicht angeklagt sich zu verhalten.
Verzeihen Sie, wenn ich hiermit Ihrem Vertheidiger Eulen nach seinem Athen getragen haben sollte. ‒ ||
Kommen Sie doch jedenfalls nach Eisenach. Hat’s je eine Zeit seit 71 gegeben, wo die Atmosphäre dem Jesuitismus drückend war, so ist es jetzt, wo es den blinden Berlinern dämmert, daß der Jesuitismus u. nur er das Kreuz ist, das Deutschland trägt. Alles, alles Leid kommt ihm von Rom. Also auf die unitas nach Eisenach zum Kampf gegen Rom!
Stets Ihr ergebener
Besser
a eingef.: bez. dieselben