Leopold Besser an Ernst Haeckel, Halle, 26. Juni [1892]
Halle a/S.
23/VI.
Verehrtester Freund!
Der Häckel’sche Panpsychismus ließ mich nicht ruhen. So suchte ich neulich Ihren Ritter Prof. Ziegler noch einmal auf. Endlich bin ich mit dem so grausam die Menschheit narrenden „Ding an sich“ fertig. –
Es exitirt, aber lediglich das nur im Menschenthum als Gesetzmäßigkeit Wirkende ist wirklich, vom Zeit- und Raumlosen Ding an sich wißen wir und können wir nichts wißen. – Iam satis! Oret. ||
Noch zwei Worte.
Einmal erlaubte ich mir, Ihnen das Sanatorium Schwarzeck [Post Blankenburg a. d. Schwarza, Thüringen] für Ihre armen Leidenden zu empfehlen. Seitdem habe ich den Ort und den es leitenden Dr. Wiedenburg kennen gelernt. Recht durchaus vertraut mit der Misere unseres ärztlichen Könnens als Haus-Arzt wie als Specialist, ziehe ich den Hut vor dem Sanator.-Arzt.
Solches Individualisiren kann Hausarzt wie Specialist nicht prästiren.
Ich kann Ihnen den Collegen W. zunächst für Ihre Fräulein Tochter event.a nur auf das allerdringendste und wärmste empfehlen. ||
Ein zweites betrifft das wieder mal anscheinend sich auf’s schmählichste blamirende Berlin.
Flechsig musste einen Dr. b Vogt [oder Voigt?] als Assistent ziehen laßen, weil er nicht einmal die Färbe-Technik beherrschte. Vogt rächt sich, schimpft auf Flechsig, wirft sich auf’s Hypnotisiren, hypnotisirt auch Krupp, der danach schläft, erhält durch den S. M. Canal Vorspann durch Althoff und wird als Leiter des neuenc Institutes für Hirnlehre in Berlin poussirt. Ich darf Sie dringendst bitten, mit Flechsig, der mit allem Detail vertraut ist, sich über diese echt Berlinische Canal-Verunreinigung zu vernehmen. Sonst dies „sub rosa“. ||
Endlich am 29/p. setze ich meinen alten Stab wieder an den Rhein.
Vielleicht finden Sie Zeit darüber, wenn ohngefähr Sie der Villa Hügel valet zu sagen gedenken, rechtzeitig ein Wort zu sagen
Ihrem alternden
Besser.
a eingef.: event.; b gestr.: Vosch; c gestr.: neun, eingef.: neuen