Besser, Käthe

Käthe Besser an Ernst Haeckel, [Bonn], [vor Februar 1906]

Hochverehrter Freund,

Das Gefühl gänzlich bei Ihnen in Ungnade gefallen zu sein, verläßt mich nicht mehr. Ich habe meine Empfindlichkeit, wollen sagen meine Trauer, daß Sie im benachbarten Düsseldorf waren und nicht in Bonn, zu unbescheiden deutlich an den Tag gelegt. – Hoffentlich erleben Sie mit Ihrer Frau Gemahlin einen recht behaglichen, genußreichen Winter im Süden und erfreuen sich Beide guter Gesundheit. Liebäugeln Sie nur nicht zu sehr mit dem Katholicismus! Die Schwarzen ultra montes haben Sie verehrter Herr Professor, gewiß schon streng in gewissem Umkreis gemieden. || Doch werden Sie bei Ihrem bevorstehenden Geburtstag wieder von der großen Schar gleichgesinnter Ketzer gefeiert werden. Wann kehren Sie nach Jena zurück? Meinem alten Herrn gehts ausgezeichnet. Denken Sie einmal, verehrter Herr Professor, daß er 14a Lenze vor Ihnen voraus hat! Und bei Ihnen kann man auch nicht singen: „auf die Postille gebückt“ sondern eher – auf den Baum geklettert, durch’s Meer gesegelt, ins Wasser getaucht etc. etc. –

Sollte Ihre Frau Gemahlin eines Kammerkätzchens bedürfen, so soll sie mich noch flugs für den Rest Ihres südlichen Aufenthaltes engagiren! Ich singe mit den Spinnerinnen im fliegenden Holländer, ich kann kehren, nähen, stricken etc. – Nun leben Sie wohl, und empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin.

In größter Verehrung

Ihre treu ergebene

Käte Besser.

a korr. aus: 15

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7593
ID
7593