Käthe Besser an Ernst Haeckel, Stettin, 2. März 1907
Mein hochverehrter Herr Professor! –
Wäre ich so reich als ich arm bin, ich wüßte nicht was ich Ihnen Alles zu Füßen legen möchte, um Ihnen eine Freude zu machen an Ihrem hohen, seltenen Feste! Von allen Erdteilen werden die Telegramme, Ovationen in jeglicher Gestalt zu Ihnen fliegen, aber gewiß kann kein Wunsch wärmer und treuer gemeint sein, als der meine. Möchten Sie all denen, die Sie lieben und verehren, noch manches Jahr erhalten bleiben. Ihre letzten, mich hocherfreuenden Zeilen nach denen ich schon so lange ausschaute, lauteten relativ doch weit günstiger über Ihren Gesundheitszustand, als die vorausgegangenen. Ihren Geburtstag hatte ich auch || nicht vergessen, aber ich mußte längere Zeit das Bett hüten und post festum wollte ich nicht kommen. – Die Zeitung sagte mir nun gestern, daß Sie den 6. März im sonnigen Süden verleben wollten. Das kann man wirklich begreifen, daß Sie der angreifenden Feier aus dem Wege gehen wollen. Mein Lebenswunsch Sie noch einmal in diesem Leben wieder zu sehen, wird wohl nicht in Erfüllung gehen. Am Rande des Nirwana schwebt man stets mit so schwerem Leiden. Und morgen verlasse ich hier den friedlichen Hafen und muß den Kampf mit dem Leben wieder aufnehmen, wovor mir graut.
Erholen Sie sich recht in der Sonne, hochverehrter Freund, und kehren Sie recht erfrischt nach Jena zurück. Bitte mich ergebenst Ihrer Frau Gemahlin zu empfehlen, die Sie doch gewiß begleitet.
In Verehrung und Dankbarkeit
Ihre
treu ergebene
Frau Käte Besser
Stettin 2. März 07.