Besser, Käthe

Käthe Besser an Ernst Haeckel, Bonn, 21. Juli 1906

21. July 06. | Louisenstr. 36.

Hochverehrter Freund!

Ihre lieben Zeilen waren mir wie immer ein Trost in schweren Zeiten. Frau Krupp hat zwar liebenswürdig abgelehnt mir zu helfen mit einigen eigenhändigen Zeilen, aber ich habe durch mein besseres Befinden wieder Mut gefaßt den Kampf mit dem Leben aufzunehmen. Jedenfalls || war es ächt freundschaftlich von Ihnen lieber, verehrter Herr Professor, für mich diesen Schritt getan zu haben. Wie man Ihnen eine Bitte abschlagen kann, ist mir zwar mehr als rätselhaft.

Schauen Sie nicht allzu schwarz wegen der wahrscheinlich beginnenden Verkalkungen, die oft Jahrzehnte andauern! Immer haben die weisen Aeskulaps bei meinem Mann davon geredet und zeigte sich das Herz überraschend || stark noch. Also nur Mut. Sie können Ihren Lebensabend noch lange genießen.

Ich habe mich entschlossen eine Stellung anzunehmen und habe soeben zu diesem Zwecke Inserate in die Welt hinausgeschickt. Allzu schwere Pflichten kann ich ja nicht mehr übernehmen, da ich aber die modernen Sprachen ganz beherrsche, musikalisch bin, und einen Haushalt gut leiten kann, etc. hoffe ich doch etwas zu finden, was für mich paßt. Ich teile Ihnen dann mit, wohin mich das Geschick || verschlagen hat. Am Liebsten ginge ich weit fort von hier nach Süddeutschland.

Ich habe oft das Gefühl in letzter Zeit gehabt, als ob unser Planet vielleicht schon das Fegefeuer sei. Sie ahnen nicht, welche Sorgen mich drücken und welch bittre Erfahrungen ich machte. Ich wünschte ehe ich stürbe, Sie verehrtester Freund, noch einmal zu sehen, denn zum Glauben ans Jenseits werde ich mich nie mehr aufschwingen. –

Hoffentlich können Sie ohne Sorge um Ihre liebe Frau sein. also Mut und gutes Befinden mit warmem Händedruck und treustem Dank

Ihre

Käte Besser

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
21.07.1906
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7582
ID
7582