Fritz Berndt an Ernst Haeckel, Bonn, 16. Februar 1914
Bonn, den 16. Febr. 1914.
Ew. Exzellenz
erlaube ich mir, die tiefgefühltesten Glückwünsche darzubringen.
Bin ich auch jung noch und ein einfacher Student, so glaube ich doch zu denen zu gehören, denen die monistische Philosophie etwas bedeutet, und die deshalb zu dem Begründer dieser Philosophie als zu ihrem Meister aufsehen müssen.
Durch eine Erziehung, die mir den „Kinderglauben“ nahm und nichts bessers an seine Stelle zu setzen wußte, in harte Seelenkämpfe gestürzt, eröffneten mir Ihre Bücher eine neue Welt und halfen mir, || die Krise nicht nur glücklich zu überwinden, sondern gestärkt und als neuer Mensch aus ihr herauszugehen. Ich lernte, die Umwelt, die Natur, den ganzen Kosmos mit andern Augen anzusehen, und von einem Standpunkte aus, der zugleich erhaben ist und glücklich macht. – Als unser damaliger Religionslehrer, sonst ein freier und feiner Kopf, einmal sagte: „Als Naturforscher ist Haeckel groß, aber für das religiöse Bedürfnis eines Menschen hat er kein Verständnis“, ‒ gerade von da an, verehrte ich Sie als Philosophen und als den Verkünder einer neuen und schöneren Religion. Von da an waren Sie und die monistische Philosophie – wenn ich ihre Größe damals auch wohl nur ahnen mochte – mein || Wegweiser und sicherer Halt, und so will ich auch in Zukunft ihr Jünger bleiben und – was an mir liegt – ein Kämpfer für den Gedanken der Einheitlichkeit alles Seins werden.
In tiefer Verehrung
Ihr
Fritz Berndt, stud. rer. nat.
Bonn, Bot. Gart. 26