Anton Berger an Ernst Haeckel, Graz, 23. August 1906
Graz, am 23. August 1906
Hochverehrter, teurer Meister!
Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich durch meine ergebensten Zeilen Ihre wohlverdiente Ruhe störe, ich möchte nur meinen herzlichsten Dank dafür abstatten, daß Sie, hochverehrter, teurer Meister, dem lieben Fräulein Rosina Pinter, auf meine Bitte für ein Portrait gesandt haben. Das liebe Fräulein R. P. ist unendlich erfreut darüber, daß sie zu den wenigen Damen gehört, die vom größten Forscher ein eigenhändig gewidmetes Bild besitzt. Ich erlaube mir nochmals, hochverehrter, teurer Meister, meinen verbindlichsten Dank zu sagen!
Morgen begebe ich mich nach Istrien hinunter, um meine Monerenforschungen fortsetzen zu können. Ich gedenke die Küstengewässer von Triest – Pola, Fiume etc. abzusuchen.
Nachfolgend erlaube ich mir meinen gestern konstruierten Stammbaum der Philosophie bekanntzugeben. Wenn er genauer ausgeführt ist, glaube ich ihm weniger Wert beilegen zu dürfen.
Eine Geschichte der Philosophie versehen mit Stammbäumen wäre ein dankbares Werk, mit Anwendung Ihres biogenetischen Grundgesetzes könnte man daraus wertvolle allgemeine Schlüsse ziehen und der Völkerpsychologie, Sociologie ein anderes Aussehen geben. ||
Erster Versuch eines monophyletischen Stammbaumes der Philosophie. 22.8.06
[Zeichnung des Stammbaumes]
Die meiner persönlichen Ansicht nach bedeutenderen Philosophennamen sind unterstrichen. Die Philosophennamen mit fraglicher Bedeutung (meiner Ansicht nach) sind mit einem „?“ versehen. ||
Sollte [!] Sie, hochverehrter teurer Meister, geneigt sein, einige Bemerkungen zu meinem Stammbaum der Philosophie zu machen, so bitte ich ergebenst zu adressieren:
A. Berger, Ungergasse 10, 1. Stock Graz
In Dankbarkeit und Verehrung zeichnet ergebenst
Ihr Schüler
Anton Berger
NB: Die 50 M. die Herr Professor so freundlich waren mir zu borgen sende ich nach meiner Rückkehr. Bitte um Entschuldigung wegen der Verzögerung.