Berger, Alwin

Alwin Berger an Ernst Haeckel, La Mortola, Ventimiglia, 29. Dezember 1905

LA MORTOLA,

VENTIMIGLIA,

ITALY.

29 December 1905

Hochgeehrter Herr Professor,

Es wäre meine Pflicht gewesen Ihnen schon längst zu schreiben und Ihnen zu danken für die köstlichen Stunden, die ich bei Ihnen verbringen konnte.

Mit heutigem senden wir Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin unsere herzlichsten Glückwünsche für das Jahr 1906. Möge es Ihnen vor allem die gewohnte Gesundheit und Frische erhalten, die Ihnen wohl hoffentlich nur in der Herbststimmung eines nasskalten Octobers etwas matter erscheinen mochte. ||

Die Sonnenwende wird auch Ihnen hoffen wir wieder den Wunsch an die Riviera zu kommen von neuem anfachen. Sie hatten sich noch vorgenommen so manches in La Mortola zu malen, und wenn wir diesen Winter ohne Frost durchkommen, was ich ängstlich hoffe (und es scheint bis jetzt auch so), so werden wir einen Frühlingsflor haben, der unvergleichlich sein muss. –

Wir haben ein ganz deutsches Weihnachten gehabt, bis auf den Schnee, den wir nicht wollen. Unser kleiner Fritz war vor Staunen erst ganz sprachlos, dann aber bald ganz aus dem Häuschen!

Er verläugnet aber seine Eltern nicht: Am Weihnachtstag nahm ihn seine Wärterin mit in die Kirche, und da ist er dann auch immer ganz brav. Wie aber die Ceremonie mit dem bacciar il bambino anfing, das Ihnen wohl bekannt ist, da weigerte er sich energisch mitzuthuen. Es || wird da nämlich eine Puppe, die das Jesuskind darstellt, von allen Gläubigen geküsst. Fritz wollte nicht daran!

Wir haben herzlich darüber gelacht; ja, des Menschen Dichten u. Trachten ist böse von Jugend auf! –

In diesem Monat habe ich auch in einem Colloquium mit Sir Thomas Hanbury’s ältesten Sohn, die Frage über den Fortbestand von La Mortola erörtert. Der Bestand des Gartens, wie bisher, ist gesichert, Sir Thomas hat dafür eine bestimmte Summe deponiert, und auch ohne die würde der Garten weiter geführt worden sein, versicherte mir der junge Herr Hanbury, nun um so sicherer könne er mir das sagen, und er freue sich, darüber, dass ich gern in La Mortola bleiben würde. Wie froh wir beide, meine Frau u. ich, sind für immer in unserem lieben La Mortola bleiben zu können, werden Sie gewiss verstehen.

Mit nochmals den besten Glückwünschen und Grüssen von uns beiden

verbleibe Ihnen in steter vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Alwin Berger. ||

Herrn Prof. Dr. E. Haeckel, | Zoologisches Institut | Jena | Germania

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
29.12.1905
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7353
ID
7353