Stuttgart. 6t Oct. 1882.
Lieber Herr Professor!
Ich halte es für angemessen u. im Interesse der Sache Ihnen mitzutheilen, daß Herr Paul Kröner, – der Vorstand der Druckerei – nach Italien abgereist ist, u. daß also die Wahrscheinlichkeit, daß Herr Adolf Kröner in nächster Zeit abkommen könne, um Sie in Jena zu besuchen, keine sehr große sei. – . Es wäre also zu befürchten, daß der Abschluß der Verträge und damit der beginnenden Ausführung des großen Werkes auf’s Neue hinausgeschoben werde. – Aus eigener Erfahrung aber weiß ich, daß die Zeit, welche in dieser Weise unbenutzt verstreicht, – gegen Ende der Arbeit zu mangeln pflegt || oder wenigstens überaus kostbar wird, – u. so wäre es zu wünschen, daß mit der Ausführung der Illustrationen, – die nicht überhastet werden dürfen, begonnen werde. – . Ich kann jedoch, so wie die Verhältnisse liegen, nicht anfangen, selbst wenn Sie mir Ihre Erlaubniß dazu geben würden, ehe ein Verleger definitiv bezeichnet ist. – .
Ich habe erfahren, daß der Verleger Bruckmann in München, der auch schon verschiedene Prachtwerke herausgegeben, wohl auch bereit sein werde den Verlag Ihres Werkes zu übernehmen; – im Interesse der Sache aber möchte ich Sie gebeten haben dieser Mittheilung Kröner gegenüber nicht zu erwähnen, da die || Verleger, trotz gegenseitiger Rivalität, in dieser Hinsicht zusammenhalten u. sobald ein Anderer genannt wird, ihren Rücktritt von der Mitbewerbung erklären. – .
Ich habe mit Spemann in diesem Augenblick schwere Differenzen, da derselbe wegen Geschäftsüberbürdung u. Ueberdruß meinem weniger gut gehenden Buche trotz wiederholter Reclamationen von meiner Seite mir weder Manuskript noch Correcturbogen zusendet u. der direkte Verkehr zwischen dem Autor und mir, trotz meiner Bemühungen u. wiederholten Besuche bei demselben, niemals gedeihen wollte. Auf zweimalige Erklärung von meiner Seite, daß ich unter solchen Umständen nicht weiter illustriren könne u. gebeten haben möchte einen Nachfolger zu suchen, – habe || ich bis heute, – obgleich der erste Brief vor 14 u. der zweite vor 6 Tagen abgieng noch keine Antwort erhalten. – Dabei muß ich mir es gefallen lassen, daß in der Wissenschaftlichen Beilage der Leipziger Zeitung (vom 2tn July. 1882) nicht nur die Illustrationen der „Naturgeschichte des Menschen“ sondern auch die meines Amazonasbuches in der schmählichsten Weise kritisirt werden u. sogar derena „Glaubwürdigkeit“ bezweifelt wird! – Der Verfasser des Artikels ist, wie ich stark vermuthe, ein Herr Schmelz, früher Conservator des Godefroy Museums in Hamburg und jetzt in gleicher Stellung am Ethnographischen Museum in Leiden. – Ich kenne denselben persönlich u. kann versichern, daß er von bildlicher Darstellung absolut Nichts versteht u. aus diesem Grunde kindische, befangene Darstellungen in altägyptischer oder chinesischer Weise jeder andern, auch der richtigsten Wiedergabe der Erscheinung vorziehe. – .
Mit vorzüglicher Hochachtung und bestem Gruße Ihr ergebenster
F. Keller-Leuzinger
a korr. aus: mei