Greeff, Richard

Richard Greeff an Ernst Haeckel, Marburg, 12. September 1872

KÖNIGLICHES

ZOOLOGISCH ZOOTOMISCHES

INSTITUT

DER

Universität Marburg

Marburg den 12. September 1872

Lieber Haeckel!

In der Voraussetzung, daß Du nicht über Land und Meer bist, sondern wie ich in der stillen Heimath sitzest, möchte ich Dich mit einer kleinen Bitte bemühen. In kurzer Zeit reist ein Bekannter von hier als englischer Agent nach der Westküste von Afrika (Lagos etc) und ist bereit für mich dort fischen zu lassen. Zu diesem Behufe möchte ich ihm ein passendes Grundnetz mitgeben, da er sich natürlich dort ein solches nicht verschaffen kann. Bei Deinen auch nach unserer canarischen Tour ausgeführten mancherlei Meeresfahrten || hast Du gewiß Erfahrungen über die zweckmäßigste Construktion eines solchen Schleppnetzes gewonnen und geht deshalb meine freundliche Bitte an Dich mir vielleicht mit einigen Strichen und Worten die Construktion eines Dir passend scheinenden Schleppnetzes mitzutheilen. Kann man vielleicht ein solches irgendwo fertig kaufen? Das Letztere wäre mir am Liebsten, da mein Bekannter schon in 5 bis 10 Tagen abzureisen gedenkt. Im anderen Falle möchte ich ersuchen nach Deiner Angabe hier schnell eins machen zu lassen. –

Zugleicherzeit möchte ich noch einmal auf eine frühere Anfrage zurückkommen nämlich in Betreff der so sehr begehrten Brisinga. Ist der Preis vielleicht ein niedrigerer geworden? und an wen || wendet man sich am Besten direkt zur Erlangung eines möglichst frischen und unverletzten Exemplars? Ist Asbjörnsena, den Du mir damals als Verkäufer angabst, Professor in Christiania oder kann man auch und vielleicht zweckmäßiger, direkt von Bergen von irgendeinem Händler dort das fragliche Wunderthier beziehen. Du würdest mich mit Angabe einer solchen Quelle sehr verbinden, da ich auch einige sonstige Nordische b Echinodermen ausc den Fjords haben möchte.

Im August war ich mit meiner Frau einige Zeit in Sylt. Wir sind indessen beide wenig befriedigt von unserem dortigen Aufenthalte, namentlich da für mich in zoologischer Hinsicht nichts zu haben war. Die Austernfischerei war noch || nicht eröffnet und im Uebrigen giebt es keinen an Thieren schlechteren und öderen Strande als den dortigen, zumal außer der Austernfischerei im Wattenmeere gar nichts von Fischfang betrieben wird. Derselbe ist sogar außer jener Zeit verboten. Auf unserer Rückreise aber haben wir eine sehr hübsche Tour durch Schleswig (Flensburger Föhrde, Düppel, Alsen, etc) dann nach Kiel und Hamburg gemacht. And der Flensburger Föhrde (bei Sonderburg) war ich erstaunt über den verhältnißmäßigen Reichthum an Thieren besonders an Quallen (Aurelia aurita und Cyanea capillata) die ganz massenhaft am Ufer umherschwammen u. einigen Echinodermen etc.

Uns geht es recht gut und wir hoffen von Herzen dasselbe von Dir und Deiner Familie. Seit ein paar Monaten sind wir mit dem Neubau eines Hauses hier beschäftigt, das natürlich unser Interesse sehr in Anspruch nimmt.e

Mit den besten Grüßen von meiner Frau u. mir, Dein alter Freund u. Reisegefährte

Richard Greeff

Ueber die Schleppnetz-Angelegenheit darf ich Dich wohl freundlichst um umgehende Benachrichtigung bitten.f

a irrtüml.: Absjörgen; b gestr.: Ex; c korr. aus: von; d korr. aus: In; e Text weiter am linken unteren Rand von S. 1: Interesse … nimmt.; f Text weiter am linken Rand von S. 4: Mit den … Benachrichtigung bitten.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
12.09.1872
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 70
ID
70