Bothe, Margarete

Margarete Bothe an Ernst Haeckel, Baden bei Wien, Ostern 1918

Baden b. Wien | Garnisonsspital 27

Offiziersabteilung | Zimmer 260

Mein lieber guter Freund!

Innigen herzlichen Dank für Ihren mir so unendlich lieben Brief. Wie nur hab ich mich herzlich gefreut, daß Sie soviel zu essen bekommen haben. Nun bin ich wenigstens der Sorge enthoben für eine kl. Zeit das [!] Sie nicht leiden. – Ach es ist ja trostlos wie es ist dieser Beziehung überall aus sieht. Meine liebe Mutter war sehr krank u. hat am notwendigsten gelitten u. kann sich fast nichts beschaffen u. ich liege hier u. kann ihr nicht helfen. Nun wenn wir Paris bekommen vielleicht wird ein Ende dieser trostlosen Zeit. – Mir geht es hier in Baden soweit ganz gut. Hab 7 Kilo zugenommen u. wiege jetzt 67 Kilo. Gehe täglich 1–3 Stunden noch mit 2 Mädchen spazieren. Die Beine sind so entsetzlich schwach, ich breche noch immer zusammen. Doch wird es täglich besser, die Schwefelbäder tun Wunder an mir, Heißluft u. Massage bekomme ich auch u. so hoffe ich im 4–6 Wochen hier in Baden ganz gesund zu sein. In Meran ist es leer trotz Sonne u. schönster Baumblühte. Ach ja Baden ist schön. Am Sonntag war Herr Hofrat Dlabac mit einem lieben alten Herrn Benis hier aus Wien mich besuchen. Wir fuhren hinaus nach Rauchstein und gingen in dem so schönen mit Frühlingsblumen gefüllten Helenenthal spazieren. O es war so schön, so schön. Wie hat meine Seele gejauchst u. mein Herz sich erfreut an all den Blümlein: Veilchen, Schneeblumen, Leberblümchen, Schneeklöckchen u. s. w. Da kam ein Herr in Ihrer Größe mit auch solch weißen, schönen Bart, da rief meine Seele Sie. || Und ich dachte an unsere schönen Spazierfahrten. Na im Sommer wenn ich gehen kann, komme ich zu Ihnen. Und dann wollen wir glücklich sein und uns des Wiedersehens freuen, dann fahren wir wieder auf all die so schönen Berge u. lassen unsere Seele wandern. Nun ist Ostern frohe, frohe Ostern rufe ich Ihne zu u. alles Liebe und Gute an diesen Tagen.

Wenn es Ihre Zeit zuläßt ein paar Worte nur wie es Ihnen geht. Arbeiten Sie noch an etwas Neuem?

Bitte nicht bös sein die schlechte Schrift mir tut beim Schreiben noch immer sehr die Hand weh. Wie geht es der lieben Frau Else? Viele herzliche Grüße falls Sie schreiben. Bitte grüßen Sie ihre lieben Mädchen die so gut für Sie sorgen Frl. Olga u. Köchin.

Nun herze u. küsse ich Sie liebster, guter einziger bester Freund und bleibe ich immer in innigster Dankbarkeit

Ihre Margarete Bothe

Baden b. Wien | Garnisons Spital 27

Offiziersabteilung

Zimmer 260

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
1918
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6561
ID
6561