Margarete Bothe an Ernst Haeckel, Meran, 27. Dezember 1916
Meran 27.12.16.
Mein liebster Freund!
Vor allem rufe ich Ihnen liebster Freund alles Liebe und Gute im neuen Jahre zu. Vor allem mögen alle Wünsche die Sie haben sich erfüllen.
Herzlichen Dank für Ihr mir so liebes Schreiben, bringt es mir doch immer die frohe Kunde, daß es Ihnen leidlich geht. Ich war jetzt lange krank, der Magen will mit der Kost nicht mehr mit. Nun bin ich ziemlich schlank also es hat auch seine Vorteile.
Jetzt ist Eis hier Sonne und Eisbahn ein göttliches Vergnügen, nun ich fahre jeden Tag 2–3 Stunden. || Sonst ist es sehr einsam, wenig Militär, wenig Kranke nur ein paar Kurgäste. Fleisch giebt es hier noch so viel man essen will Kalbfleisch 3.80 K. Rindfleisch 5 K. Schweinefleisch 7 K. Auch alles andere wie Fische oder Geflügel ist zu haben nur teuer und kann man nichts ins Ausland senden. Gern hätte ich noch Äpfel gesandt, keine guten aufzutreiben, dies tut mir so leid. Na, im Herbst die schönsten und besten Äpfel sende ich Ihnen vielleicht giebt es schönes Frühobst, hoffen wir. Hier ist ja nur der Januar ein schlimmer Kerl Februar da blüht schon alles wieder.
Wie geht es dem lieben Frl. Else hoffe gerne, daß sie gute Nachrichten aus dem Felde bekommt. – Hier ist eine riesen Lawine nieder gegangen an der Brennerbahn 300 m breit 10 m hoch tausende von Soldaten arbeiten um Ordnung zu machen.|| So viele Menschenleben sind wieder zu beklagen durch diese vielen Lawinen. Nun sind die Friedensverhandlungen auch zu Wasser geworden, wann nur wird das Ende sein. Gern gebe ich 10 Jahre von meinem Leben her und wir Freuen werden gewiß nicht gern so schnell alt; aber hier (für) den Frieden gebe ich es gern.
Nun wie geht es Ihnen mein lieber, lieber, einziger Freund? Wie nur freue ich mich auf unser Wiedersehen, daß [!] wird köstlich sein, bleiben Sie mir ja gesund, gelt Sie geben recht acht? Keine Erkältung und keine kalten Füße. Man wird so schnell krank und so schwer gesund.
Mein Mann lässt herzlich danken für Ihren lieben Gruß u. erwidert ihn. || Die lieben Bankdirektors Tischler sind beide krank, möchten auch so gern nach hier u. sind traurig daß es nicht geht.
Ist Ihr lieber Sohn wieder in München? Hoffentlich nicht eingezogen. ? –
Wie geht es dem kl. lieben Buben?
Nun schreiben Sie mir so bald es Ihre Zeit zuläßt wie es Ihnen geht und alles, alles.
Mit herzlichem, innigem Gruß in dankbarer Liebe
immer Ihre | Marg. Bothe.