Carl August Graf Bose an Ernst Haeckel, Genua, 29. Januar [1884]
Genua d. 29. Januar
Hotel Isotta
Hochgeehrter Herr Professor!
Meinen besten Dank für Ihre beiden liebenswürdigen Briefe vom 24 u. 26 dieses Monats; auch den ersteren habe ich über Florenz erhalten, ingleichen für die freundliche Besorgung der Nachfrage in Weimar. –
Wie Sie sehen habe ich meinen Aufenthalt hier verlängert u. wünschte nur Sie könnten statt meiner den italienischen Winter genießen u. benutzen. Man muß dazu relativ jung u. gesund sein. Am Morgen 6° am Mittag 10°+ Reaumura, blauer Himmel trockene Luft u. kalter Wind machen für die Bronchien keine heilsame Zusammenwirkung aus. Es soll hier noch wärmer als in Florenz sein u. deßhalb bleibe ich mit meiner Schwester noch hier, doch wollen wir bald dahin abreisen. Ihre beiden Adressen Professor Marchi und Bildhauer Hildebrand werde ich mit Dank besuchen. Ajaccio lockt mich gar nicht; abgesehen || von der Seereise bis Bastia, die 7–8 Stunden von Livorno beträgt kann mich ein Ort ohne Geschäfte u. ohne Kunst im Winter nicht anziehen, so schön auch seine Umgebungen sein mögen, auch bin ich kein Verehrer des ersten Napoleons u. der Vendetta, die freilich die Fremden nichts angeht. –
Mit Bewunderung sehe ich auch hier die gesteigerte Morgen- u Abendröthe, die den Gelehrten so viel Räthselhaftes bietet; sie ist hier noch glänzender als bei uns u. ist es mir unfaßbar wie man sie durch schwebende Partikeln des Java-Ausbruchs erklären will, die eine ganz ungewöhnliche Widerstandskraft gegen die terrestrische Anziehung entwickeln müßten! – Leben Sie wohl für heute, hochgeehrter Herr Professor, mit Ihrer Erlaubniß schreibe ich Ihnen einige Worte aus Florenz, möchte Sie aber nicht Ihrer, für d. Wissenschaft so kostbaren Zeit durch Antworten berauben. – Genehmigen Sie die Versicherung || der ausgezeichneten Hochachtung, mit welcher verbleibe
Ihr
ganz ergebener
Graf Bose
a eingef.: Reamur