Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Bielefeld, 30. Juni 1916
DR. WILHELM BREITENBACH
BIELEFELD, 30. 06. 1916
Zastrowstr. 29.
Sehr geehrter Herr Professor!
Aus Ihrem Briefe vom 25. d. M. ersehe ich, dass Ihnen mein demnächstiger Besuch willkommen ist. Unsere Ferien beginnen am 4. August, ich werde dann in der darauf folgenden Woche nach dort kommen, wenn nicht unvohergesehene Hindernisse eintreten. Ich beabsichtige einige Tage in Jena zu bleiben und daran anschliessend einige Tage im Thüringer Wald mich aufzuhalten. Für Ihren Hinweis auf passende Gasthöfe in Jena danke ich bestens. Da ich keine sonderlichen Ansprüche stelle, so wird mir die Ernährungsfrage keine zu grossen Kopfschmerzen bereiten.
Die freundlich bestellten 12 „Monist. Bausteine“ lasse ich Ihnen direkt von meinem Leipziger Lager aus zugehen. Sie sind bereits unterwegs, wie ich aus Leipzig höre. Die Rechnung erlaube ich mir hier beizulegen. ||
Gestern Abend hörte ich privatim, dass in Uerdingen bei Krefeld in der Chemischen Fabrik von Weiler & ter Mer eine gewaltige Explosion stattgefunden hat, bei der es über 30 Tote gegeben hat. Wahrscheinlich hat die Fabrik während des Krieges Explosionsstoffe fabriziert und in dieser Abteilung ist die Explosion erfolgt. Die Zeitungen dürfen über die Sache natürlich nichts bringen.
Ihre pessimistische Meinung, Sie würden den Winter nicht überleben, kann ich nicht teilen, ich bin vielmehr vom Gegenteil überzeugt. Mein bevorstehender Besuch wird diese Ueberzeugung sicher noch festigen.
Es wird mich sehr interessieren, das Archiv in den neuen Räumen zu sehen und mit Ihnen die Pläne für dessen Zukunft und weitere Ausgestaltung eingehend besprechen zu können.
In der Hoffnung Sie bald zu besuchen, bin ich mit den besten Grüssen
Ihr treu ergebener
Dr. W. Breitenbach