Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Brackwede, 29. Oktober 1912
DR. WILHELM BREITENBACH
BRACKWEDE, 29.10.1912
Sehr geehrter Herr Professor!
Ihr Herr Sohn hat mir die Mitteilung gemacht, daß eine längere Aussprache zwischen Ihnen und Prof. Plate stattgefunden hat, von deren Ergebnis Sie sehr befriedigt seien. Ich darf danach wohl annehmen, daß die scharfen Differenzen im wesentlichen ausgeglichen sind und daß Sie nunmehr die Gewißheit haben, daß Prof. Plate Ihre Arbeit ganz || in Ihrem Sinne fortführen wird. Auch die Arbeit in dem Archiv wird dadurch hoffentlich günstig beeinflußt und es soll mich aufrichtig freuen, wenn Dr. H. Schmidt sich ihr nach Kräften widmet.
Meine Zeitschrift wird vom nächsten Jahre ab in einem Berliner Verlag erscheinen. Es hatten sich mehrere Reflektanten gemeldet und es war gar nicht schwierig, einen neuen Verleger zu finden. Hoffentlich || ist der Herr etwas rühriger und weniger ängstlich und engherzig als der Inhaber der Firma Barth, der zuviel Rücksichten zu nehmen hatte.
Ich habe kürzlich den II. Band des Werkes von Prof. Greil in Innsbruck erhalten und schon mit dessen Lektüre begonnen. Die Bekämpfung der sog. Entwicklungs-Mechanik in ihrer übertriebenen Einsichtigkeit wird Ihnen Freude gemacht haben. Mich freut es ganz besonders, daß doch noch ein jüngerer Anatom || und Embryologe den Mut hat, für Sie einzutreten. Also so ganz abgetan, wie man es oft gern hinstellen möchte, sind Sie denn doch nicht; es wird die Zeit kommen, in der man wieder zu Ihnen zurückkehrt.
Ich hoffe, daß Ihr Befinden den Umständen nach einigermaßen gut ist und daß Ihnen der kommende Winter keine zu großen Beschwerden bringt.
Mit freundlichen Grüßen in alter Treue
Ihr ergebenster Schüler
Dr. W. Breitenbach