Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Odenkirchen, 3. Januar 1897
WILH. BREITENBACH
DR. PHIL.
ODENKIRCHEN, DEN 3. Jan. 1897
Sehr geehrter Herr Professor!
Im Drang der Geschäfte vor den Festtagen war ich nicht dazu gekommen, die Tafeln zu verpacken. Nun sind Sie aber unterwegs, und werden wol noch rechtzeitig dort ankommen. Auch die Medusen-Tafeln aus der Monographie (2 Bände) sowie die Präparate liegen bei. Nochmals für Alles meinen herzlichsten Dank!
Mit Ihrer Systematischen Phylogenie bin ich || nun zu Ende, werde aber das Ganze noch einmal gründlich durchgehen. Es sind viele neue Anschauungen und Begriffe darin, daß ein einmaliges Lesen nicht genügt, den Stoff zu verdauen. Sie haben mit der Systematischen Phylogenie ein Standardwerk geschaffen, das, glaube ich, der phylogenetischen Forschung für lange Zeit die Wege vorzeichnet.
In diesem Moment lese ich W. Bölsche’s Entwicklungsgeschichte der Natur, zunächst den 2. Band. Das Buch ist flott || geschrieben und gefällt mir sehr gut. Indessen scheint es mir für Laien doch oft zu weit in Einzelheiten einzugehen. Wer ist dieser Herr Bölsche eigentlich? Ich bin seinem Namen bisher nur dann und wann in Zeitungen etc. begegnet. Ist er ein Schüler von Ihnen?
W. Haacke scheint nach seinen letzten Veröffentlichungen im Biologischen Centralblatt wol jetzt in Jena zu wohnen. Seine botanischen Beobachtungen scheinen ihm von großer Wichtigkeit || zu sein: Für mich sind diese Aufsätze kaum zu lesen.
In alter Anhänglichkeit bin ich mit herzlichem Gruß
Ihr ganz ergebener dankbarer Schüler
Dr. W. Breitenbach