Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Odenkirchen, 16. November 1892
WILH. BREITENBACH
DR. PHIL.
ODENKIRCHEN, 16. Nov. 1892
Sehr geehrter Herr Professor!
Mit bestem Dank erhielt ich Ihre freundliche Zusendung aus der „Zukunft“. Allerdings hatte ich den interessanten Artikel schon gelesen, da ich die „Zukunft“ halte. In dem Aufsatze erwähnen Sie einen andern Artikel „Die Weltanschauung der monistischen Wissenschaft“. Haben Sie von diesem nicht vielleicht ein || Exemplar für mich übrig? Diese allgemeinen Fragen interessiren mich in höchstem Grade und meine Anschauungen darüber decken sich fast genau mit den Ihrigen.
Augenblicklich studire ich das Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der niederen Thiere von Korschelt und Heider. Es gefällt mit recht gut, wenn ich auch mit manchen Auffassungen der Verfasser nicht einverstanden bin. Ich freue mich immer, wenn || ich hier in unserm kleinen Städtchen etwas neues Zoologisches zu lesen bekomme. Die größte Gefahr für einen gebildeten Menschen in einer kleinen Stadt ist eben die Möglichkeit geistig zu verbauern. Dieser Gefahr entgehe ich aufs einfachste durch meine naturgeschichtlichen Studien, durch Mikroskopieren, durch Vorträge über zoologische und sonstige Themata etc.
Mit nochmaligem besten Dank für Ihre freundliche Zusendung
Ihr dankbar ergebenster
Dr. W. Breitenbach