Ernst Haeckel an Heinrich Eggeling, Jena, 4. Februar 1903
Bericht über die bisherige
Verwendung des Ertrages der
Paul von Ritter’schen Stiftung
für phylogenetische Zoologie.
Jena 4. Februar 1903.
Hochgeehrter Herr Curator!
Entsprechend Ihrer gestern erhaltenen Aufforderung, mich über die Eingabe zu äußern, die Herr Dr ph. et. med. Paul von Ritter in Basel am 27. Januar d. J. an das hohe Großherzogliche Staatsministerium gerichtet hat, erlaube ich mir folgende, aktenmäßig festgestellte Thatsachen vorzutragen:
1. Das Capital der Paul von Ritter‘schen Stiftung für phylogenetische Zoologie beträgt nicht 400.000 Mk (wie Herr Dr. von Ritter in seiner Eingabe behauptet), sondern 300.000 Mk, wie in der officiellen Stiftungs-Urkunde (vom 17. Mai 1886) von ihm selbst in Buchstaben angegeben ist.
2. Von diesem Capital wurden zunächst 130.000 Mk, später, am 17. Oktober 1888, die übrigen 170.000 Mk an das Großherzogliche Staatsministerium in Weimar eingezahlt (laut officiellem Protocoll K. W. 1468, Blatt 219 des Depositen-Buches Bd. I).|
3. der Zins-Ertrag dieses gesamten, an der Regierung-Kasse zu Weimar niedergelegten Kapitals von 300.000 Mk beläuft sich jährlich auf rund 10.000 Mk.
4. über die Verwendung dieses Ertrages habe ich am Anfang jeden Jahres, entsprechend den Wünschen des Stifters, und im Einverständnis mit dem Herrn Kurator, meine Anträge an das hohe Großherzogliche Staatsministerium gestellt, und diese sind von demselben auch stets genehmigt worden.
5. Der größte Theil dieses Ertrages wird demgemäß verwendet auf:
I. Die Besoldung der Ritter-Professur für Phylogenie,
II. Die Besoldung der Haeckel-Professur für Palaeontologie u. Geologie,
III. Stipendien für zoologische Forschungs-Reisen an die Meeresküste,
IV. Subvention von wissenschaftlichen Publicationen im Gebiete der Zoologie,
V. Vermehrung der Bibliothek des Zoologischen Instituts,
VI. Ankauf von Objecten für das Zoologische Museum.|
6. Herrn Dr. Paul von Ritter habe ich über diese Verwendung des Ertrages seiner Stiftung regelmäßig (– theils mündlich, theils brieflich –) Bericht erstattet, und dafür stets seine volle Zustimmung erhalten. Insbesondere habe ich bei meiner letzten Unterredung mit demselben (– am 30. Dezember 1901, in Frankfurt a/M) diese Verhältnisse mit ihm ausführlich besprochen, und mich seiner ausdrücklichen Genehmigung meines Verfahrens versichert.
Indem ich Ihnen, hochverehrter Herr Curator, anheimgebe, mit Rücksicht auf die vorgetragenen, Ihnen bekannten Thatsachen, die Eingabe des Herrn Dr. Paul von Ritter vom 27. Januar d. J. zu beantworten, bleibe ich in vorzüglicher Verehrung
Ihr ergebenster
Professor Dr. Ernst Haeckel.
Ritter-Stiftung. 1903.
Bericht über die Verwendung des Ertrags an den Herrn Curator, vom | 4. Februar 1903.
(mit Bezug auf die Eingabe von Dr. Paul von Ritter an das Großherzogliche Staatsministerium in Weimar – d. d. Basel 27.1.1903.).
− Capital 300.000 Mk (Stiftung 17. Mai 1886)
(eingezahlt 130.000 "
"170.000 am 17. October 88)
− Zins-Ertrag pro Jahr, rund: 10.000 Mk.
− Verwendung größtenteils für folgende Zwecke:
I.Ritter-Professur – Phylogenie
II.Haeckel-Professur – Palaeontologie
III.Stipendien für Zoologische Forschungsreisen
IV.Subvention von wissenschaftlichen Zoologischen Publicationen
V.Vermehrung der Zoologischen Bibliothek
VI.Ankauf von Objecten für das Zoologische Museum
− Genehmigt von Dr. Paul von Ritter in der letzten Unterredung, in Frankfurt a/M., 30. December 1901
Jena, 4. Febr. 1903
Ernst Haeckel: ||
[Beilage: Eingabe von Paul von Ritter an das Staatsminsiterium zu Weimar v. 27.1.1909]
An | Sr. Excellenz
den Herrn Minister des Grossherzoglischen Sachsen Weimarischen Staatsministeriums für Cultus und Unterrichtswesen | in | Weimar.
In der Voraussetzung, daß Ew. Excellenz mein gegenwärtiges Gesuch mit wohlwollender Berücksichtigung meines unter dem erlauchten Schutze Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs Carl Alexander von Sachsen Weimar für phylogenetische Zoologie (Entwickelungslehre, Descendenztheorie) in Jena gestifteten Stipendiums, im Betrage von 400.000 R M Deutscher Währung liebevoll entgegen nehmen, – nehme ich mir die Freiheit Ew. Excellenz || höflichst zu ersuchen mir gütigst mittheilen zu lassen: – wo und unter wessen Verwaltung die von mir seiner Zeit eingezahlten Stiftungsgelder, im Betrage von 400.000 RM sich gegenwärtig befinden und ob nicht dieselben für andere als für die von mir für den geistigen Fortschritt der Menschheit und für die richtige Kenntniss der Schöpfung und Natur bestimmten Zwecke ausgenützt werden, da in einer Leipziger Zeitschrift vom April vergangenen Jahres (1902) nur der Stiftungsbetrag von 300.000 RM veröffentlicht || wurde, was mit dem von mir eingezahlten Betrage von 400.000 RM nicht übereinstimmt und weder von Ew. Excellenz Ministerium noch von dem Universitäts-Curatorium in Jena widerrufen wurde. –
Einer geneigten Rückantwort Ew. Excellenz entgegensehend, zeichne ich mit der hochachtungsvollen Versicherung meiner Ergebenheit, –
Ew. Excellenz
Ergebener
Paul v. Ritter
Basel ./. 8. Schärtlingasse
(Schweiz)
27. Januar 1903.