Maximilian Harden an Ernst Haeckel, Berlin, 25. Januar 1895
DIE ZUKUNFT
HERAUSGEBER:
MAXIMILIAN HARDEN
BERLIN W. 9, den 25.1.1895
27 Köthener Str.
Hochverehrter Herr,
nehmen Sie aufrichtigen Dank für Ihren meisterhaften Aufsatz, den ich eben empfangen und gelesen habe. Ich werde ihn im nächsten Heft bringen, nicht getheilt, weil das die Wirkung schwächen würde und weil diese Dinge von einem Manne Ihrer Bedeutung nicht früh genug gesagt werden können. Ein staatsanwaltliches Bedenken liegt nirgends vor.
Die Stenogramme bitte ich, gütigst zum Andenken an das Konklave bewahren zu wollen, sie sind doch tÿpisch für einen gewissen Geisteszustand.
Gern glaube ich, dass Sie nur widerwillig an die Behandlung solcher Läpperein Ihre kostbare Zeit wenden. || Aber die Sache wills und Sie werden sehen, welche enorme Wirkung Sie für die Mühe entschädigen wird und welchen Dank Sie ernten werden. Es ist doch eine Schmach, daß die Nationalliberalen so einfach Hand in Hand mit dem Centrum gehen. – J. [!] Bennigsens Rede – und die Gefahr scheint mir nur unerheblich verringert, wenn wirklich „Milderungen“ des Ungethüms etwas verändern. Der Eindruck auf Richter, Staats-Anwälte, Sÿnoden u. s. w. bleibt der selbe. Ganz besonders erfreut hat mich der Hinweis auf den Volksdienst meines lieben Freundes Tille. ||
Sie erhalten Korrektur und mit Exemplaren und Honorar zugleich 80 Abzüge.
Nicht genug kann ich Ihnen danken dafür, dass Sie in dieser traurigen Zeit so mannhaft vortreten. Mein Dank ist schwach, aber der Dank aller Gebildeten wird Sie entschädigen.
In Verehrung grüßt
Ihr ergebener
Harden