Ernst Haeckel an Baronin Bertha von Suttner-Kinsky, Jena, [zwischen Ende Juni und Anfang August 1905]
Sehr verehrte Frau!
Da ich durch eine Verletzung meines rechten Armes am Schreiben verhindert bin, antworte ich Ihnen durch die Hand meiner Tochter.
Ich würde es angemessen finden, wenn Ihr Verleger für die Volksausgabe Ihres Romans „Die Waffen nieder“ ein Honorar von 10% des Ladenpreises bewilligt, also bei einem Ladenpreis von 1 M etwa 10 ₰ (wie bei meinen Welträthseln).
Hochachtungsvoll
Ihr ergebener
Ernst Haeckela ||
[gedruckt:]
Erklärung.
Durch zahlreiche, neuerdings an mich gerichtete Zuschriften, Anfragen und Gesuche sehe ich mich zu folgender Erklärung veranlasst:
I. Auswärtige Vorträge kann ich von jetzt an nicht mehr halten; schon in einer öffentlichen Erklärung vom 17. Juli 1901 hatte ich mehrfache Aufforderungen zu solchen Vorträgen ablehnen müssen. Wenn ich trotzdem kürzlich in Berlin drei öffentliche Vorträge ausnahmsweise zu halten mich entschloss, so geschah dies aus ganz besonderen sachlichen Gründen.
II. Die drei Berliner Vorträge, die ich am 14., 16. und 19. April d. J. in der Singakademie gehalten habe und die den „Kampf um den Entwickelungs-Gedanken“ behandeln, werden demnächst im Verlage von Georg Reimer in Berlin gedruckt erscheinen.
III. Die weite Verbreitung, welche meine beiden letzten populären Bücher: über die „Welträtsel“ und die „Lebenswunder“ gefunden haben, hat zu einer höchst ausgedehnten Korrespondenz geführt; in mehr als sechstausend Briefen sind || die verschiedensten wissbegierigen Anfragen an mich gerichtet worden. Da ich ausser Stande bin, dieselben alle zu beantworten, muss ich mich auf die Bemerkung beschränken, dass in den genannten und in früheren populären Schriften (besonders der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“, der „Anthropogenie“ und den „Gemeinverständlichen Vorträgen“) bereits alle Gedanken mitgeteilt sind, die ich auf Grund fünfzigjähriger biologischer Studien mir über „Natur und Geist“, über „Gott und Welt“ habe bilden können.
IV. Die zunehmenden Gesuche um Durchsicht und Empfehlung von Manuskripten und Abhandlungen muss ich zu meinem Bedauern sämtlich ablehnen, da meine Zeit auf das Aeusserste in Anspruch genommen ist; aus Rücksicht auf mein Alter und meine Gesundheit muss ich mich auf die dringenden, mir zunächst noch vorliegenden Arbeiten beschränken.
Jena, am 25. April 1905.
Ernst Haeckel.b
a nicht eigenh.; b Druckvermerk: G. Neuenhahn in Jena.