Max Henning (Neuer Frankfurter Verlag G.m.b.H.) an Ernst Haeckel, Frankfurt a. M., 23. November 1910
Neuer Frankfurter Verlag
G.m.b.H.
Frankfurt a. M.
Senckenbergstrasse 5.
den 23.11.10
Hochgeehrter Herr Professor!
Die Nachricht von Ihrem Austritt aus der Kirche gibt mir Anlaß Sie ganz ergebenst um eine kurze Darlegung Ihrer Beweggründe, vielleicht in Form einer Zuschrift an das „Freie Wort“, zu bitten. Ich bereite gerade das letzte Heft dieses Quartals vor, das an nicht weniger als 21.000 Leser aus den besseren und besten Ständen zur Versendung gelangt. Ich bin überzeugt, daß Ihr Schreiben eine außerordentliche Wirkung ausüben und hunderte von Lauen und Unentschlossenen zu dem gleichen Schritt anfeuern würde.
Zugleich ist an mich das Ersuchen gerichtet, ob es nicht möglich wäre Ihnen für Ihren Austritt aus der Kirche in irgend einer Form eine Huldigung aller „Dissidenten“ oder Ausgetretenen, vielleicht in Form eines Fackelzuges oder sonstwie, in Jena || darzubringen. Ich bitte daher um freundliche Nachricht, welche Stellung Sie zu diesem Vorschlage einnehmen.
Sollten Sie geneigt sein, das eben erwähnte Schreiben an das „freie Wort“ zu richten, so bitte ich um Zustellung desselben bis zum nächsten Montag.
In ausgezeichneter Hochachtung
Max Henning