Oscar Hertwig an Ernst Haeckel, Berlin, 11. Februar 1891
Berlin. 11.II.91.
W. Maassenstr. 34.
Verehrter Freund u. College!
Durch die vierte Auflage Ihrer Anthropogenie, zu deren Erscheinen ich Ihnen viel Glück wünsche, wird Ihnen wieder eine tüchtige Arbeit erwachsen. Was Sie von Abbildungen aus meinem Lehrbuch verwenden können, stelle ich Ihnen mit Freuden zur Verfügung. Einige derselben haben schon || mehrfach Verwendung gefunden, namentlich die Abbildungen zum Befruchtungsproceß und zur Keimblattbildung. Daß Van Benedens Abhandlung zur Säugethierentwicklung immer noch nicht erscheinen will, ist sehr zu beklagen. Die 20 Tafeln dazu sind schon seit 2 Jahren gedruckt und vom Text sagte mir van Beneden, daß er auch bis auf den allgemeinen Schlußtheil fertig sei. ||
An Dr. Röse habe ich die Dissertation des Herrn Rost abgegeben. Dr. Röse, der Ihnen als ehemaligera Student in Jena bekannt sein wird, ist sehr schwerhörig geworden und hat sich entschlossen, Zahnarzt zu werden und sich für diesen Beruf am hiesigen Zahnärztlichen Institut vorzubereiten. Ich bin nicht sehr für ihn eingenommen.
Mein Institutsneubau ist in den Etat 1891/92 mit aufgenommen und wird in diesen || Wochen im Abgeordnetenhaus zur Vorlage kommen. Schwierigkeiten werden wohl nicht gemacht werden.
Meine Frau hat sich von den letzten Wochen recht erholt. Sonntag ist sie zum ersten Mal wieder ausgegangen. Auch die Kinder haben sich gut entwickelt und sind von Krankheiten verschont geblieben.
Mit herzlichen Grüssen an Sie und Ihre Frau Gemahlin
Ihr treu ergebener
Oscar Hertwig.
a eingef.: ehemaliger