Greeff, Richard

Von Richard Greeff an Ernst Haeckel, Bonn, 10. Februar 1866

Bonn den 10. Februar 1866.

Lieber Herr Professor!

Wir haben hier so lange nichts von Ihnen gehört, daß ich gerne heute eine besondere Gelegenheit ergreife um mich noch einmal persönlich nach meinem Helgoländer Freuden- und Leidensgefährten zu erkundigen. Hoffentlich erfreuen Sie mich bald einmal mit einigen Worten Nachricht, daß es Ihnen wohl geht. Die besondere Veranlassung, die mich heute zum Schreiben bringt ist aber folgende: Vor Kurzem traf meine Frau in einem Courort mit Fräulein Bleek zusammen und hörte von letzterer, daß Sie beabsichtigten nächstens nach dem fernen Mohrenlande nach – Afrika – zu reisen und zwar nach Algier etc um dort ½ Jahr oder länger zu || bleiben und zoologische Untersuchungen zu machen. Nach dieser Einleitung könnten Sie mit Grund einen Antrag auf Begleitung meinerseits fürchten, indessen würde sich das mit meiner Stellung als „Papa Greeff“ schwer vereinigen lassen, und ist es vor der Hand bloß das reine Interesse an derartigen Expeditionen im Allgemeinen und im Speciellen für Sie, unserem vorjährigen Gefährten und Hauptmann auf jener wüsten unwirthbaren Insel, an die mein Magen sowohl in Bezug auf die Einnahmen wie Ausgaben (!) mit stillem Grauen zurückdenkt. – Sie würden mir also einen großen Gefallen erzeigen wenn Sie mir etwas Näheres über das wann wo und wie? Ihrer Expedition mittheilen wollten, da mich dieselbe wie gesagt, sehr interessirt.

Mir geht es im Ganzen recht gut und werden || Sie sich wundern wenn ich Ihnen erzähle, daß ich in diesem Winter noch einmal eine Reise gemacht habe nämlich in den verlängerten Weihnachtsferien, nach Paris, in Begleitung eines Verwandten (Schwagers). Ich habe mich ungefähr 10 Tage köstlich dort amüsirt, besonders da ich zum erstenmale in Paris war. Bei meiner Abreise lag mir das Meer so nahe und verlockend, daß ich nicht widerstehen konnte, mich in den Eisenbahnwagen setzte und nach Dieppe fuhr, dem Hauptfischmarkt etc für Paris. Ich blieb dort einige Tage und fuhr dann mit Schätzen beladen, besonders mit frischem Material an niederen Thieren aus den dortigen Austernparks, direkt nach Hause. Zu meiner großen Freude hat sich von dem Mitgebrachten, das ich hier in größere Gläser vertheilte, Mehreres längere Zeit frisch erhalten, so daß ich manchea Untersuchungen || daran vornehmen konnte. Eins dieser kleinen Aquarien enthält sogar noch immer wenn auch jetzt allmählig abnehmendes thierisches Leben. – Von meinen Helgoländer Aktinien sind auch noch einige lebend. Von unserem gemeinsamen heiteren und erheiternden Freunde Pietro habe ich nichts mehr gehört, so viel ich weiß ist er noch bei Leuckart in Giessen, und hat vor im Frühjahr hierher zu kommen. Ich werde mich sehr freuen ihn wieder zu sehen.

Für heute nehmen Sie mit diesen Zeilen vorlieb und erfreuen Sie mich bitte bald einmal mit Nachricht.

Einstweilen die freundlichsten Grüße von Ihrem Ihnen freundschaftlichst ergebenen

Richard Greeff

Wie geht es Herrn Prof. Schleicher u. Dr. Dohrn bitte beide bestens von mir zu grüßen.

a korr. aus: Manche

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.02.1866
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 49
ID
49