Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Carl Gottlob Haeckel, Jena, 21. November 1867

Jena 21. Nov. 67

Liebster Vater!

Zu Deinem morgigen Geburtstage wünsche ich Dir von Herzen Glück. Mögest Du uns so frisch und munter noch recht lange erhalten bleiben.

Das häßliche Winterwetter, das wir seit einigen Tagen haben, wird wohl Deine Spaziergänge etwas beschränken. Nimm Dich nur bei dem Glatteis recht in Acht, daß Du nicht fällst. ‒

Agnes und ich freuen uns sehr auf den Weihnachtsbesuch bei Euch. Wir sind sehr munter und vergnügt. Ich sitze seit 4 Wochen wieder tief in der Arbeit drin, und werdea in diesen Tagen den ersten Theil meiner zoologischen Untersuchungen von den canarischen Inseln zur Herausgabe fertig gemacht haben. Dann werde ich wahrscheinlich den zweiten anfangen, vielleicht auch eine allgemeine Reisebeschreibung. || Meine Vorlesungen sind diesmal sehr besucht. Das öffentliche Colleg über Darwin ist das besuchteste von Allen, die in diesem Semester gehalten werdenb. Der größte Hörsaal in dem Universitäts-Gebäude, welcher 200 Zuhörer faßt, ist gedrängt voll. Die nächstdem am stärksten besuchten Vorlesungen von Cuno Fischer „über Geschichte der Philosophie“ haben nur 80, und die von Adolph Schmidt über „neueste Geschichte seit 1848“ nur 60 Zuhörer. Die Studenten-Zahl ist in diesem Semester sehr gering, nur 400 (während sonst über 500 sind). Dafür haben wir leider jetzt Garnison und Exercir-Getümmel.

‒ Privatim lese ich in diesem Semester zum ersten Male „specielle Zoologie“ und habe darin 20 Zuhörer, womit ich sehr zufrieden bin. Gegenbaur geht es gut. Er läßt Euch herzlichst grüßen und Dir glückwünschen. Ein recht glückliches neues Jahr wünscht Dir von Herzen

Dein treuer Ernst.

a irrtüml.: werden; b gestr.: haben; eingef.: werden

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
21.11.1867
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 48564
ID
48564