Gustav Kilpper (Deutsche Verlags-Anstalt) an Ernst Haeckel, Stuttgart, 2. Juli 1912
DEUTSCHE VERLAGS-ANSTALT
STUTTGART
STUTTGART, DEN 2. Juli 1912.
Neckarstrasse 121/123
Ew. Exzellenz
beehre ich mich, für Ihre freundlichen Zeilen vom 19. vorigen Monats verbindlichen Dank zu sagen. Ich kann wohl verstehen, dass Ew. Exzellenz heute noch nicht absehen können, welchen Umfang Ihre „Lebenserinnerungen“ einnehmen werden und deshalb Bedenken tragen, eine bindende Abmachung zu treffen. Vielleicht darf ich mir aber doch, ohne aufdringlich zu erscheinen, den ergebensten Vorschlag erlauben, ein Abkommen in der Weise zu schliessen, wie wir es schon in verschiedenen ähnlichen Fällen getan haben, bei denen ein Erscheinen von Lebenserinnerungen infolge des Druckes äusserer Umstände erst nach Jahren in Frage kommen kann. Ich gestatte mir, zu diesem Zweck einen Vertrags-Entwurf beizufügen, der volle Freiheit über Umfang, Preis Ausstattung und Erscheinungstermina lässt und doch vielleicht geeignet sein dürfte, Ew. Exzellenz heute schon die Sicherheit zu verschaffen, dass Ihre Lebenserinnerungen in dem Augenblick, der Ihnen oder Ihren Rechtsnachfolgern passend erscheint, in würdigster Form || an die Oeffentlichkeit treten. Auch die Honorarfrage wäre auf dem von uns vorgeschlagenen Weg prinzipiell gelöst, wenn schon die Höhe selbst noch späteren Vereinbarungen über den Ladenpreis, der wieder seinerseits mit dem Umfang zusammenhängt, vorbehalten bliebe.
Mit der höflichen Bitte, meinem Vorschlag eine gütige Aufnahme gewähren zu wollen, empfehle ich mich
in vorzüglicher Hochachtung
Ew. Exzellenz
ganz ergebener
G. Kilpper
Seiner Exzellenz
Herrn Geheimrat Professor Dr. Ernst von Haeckel
JENA.
2 Anlagen!
[Beilage: Vertragsentwurf in zweifacher Ausfertigung]
VERTRAG.
Zwischen
Seiner Exzellenz Herrn Geheimrat Professor Dr. Ernst von Haeckel
in Jena
und
Der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart
ist heute folgender Vertrag abgeschlossen worden.
§ 1.
Exzellenz Dr. von Haeckel überlässt der Deutschen Verlags-Anstalt den Verlag seiner „Lebenserinnerungen“ mit allen Verlagsrechten für alle Auflagen.
§ 2.
Endgültige Bestimmungen über Erscheinungstermin, Ausstattung und Ladenpreis der Lebenserinnerungen werden nach Abschluss des Manuskripts auf Grund besonderer Vereinbarungen zwischen den beiden Vertragsschliessendenb getroffen.
§ 3.
Als Honorar vergütet die Deutsche Verlags-Anstalt dem Herrn Verfasser oder seinen Rechtsnachfolgern für jedes verkaufte Exemplar der Lebenserinnerungen 20% vom Ladenpreis des gehefteten Werkes. Die Abrechnungen überc die fälligen Honorare haben jeweils im November jeden Jahres stattzufinden.
§ 4.
Die Deutsche Verlags-Anstalt verpflichtet sich, dem Werk eine in jeder Hinsicht vornehme und würdige Ausstattung zu geben und in diesem Punkt den Wünschen des Herrn Verfassers in weitestem Masse Rechnung zu tragen, sowie alle Massnahmen zu treffen, die den Absatz des Werkes zu fördern geeignet sind.
§ 5.
Exzellenz Dr. von Haeckel ermächtigt die Deutsche Verlags-Anstalt, mit ausländischen Verlegern wegen des Rechts der Uebersetzung || des Werkes in fremde Sprachen in Unterhandlung zu treten und mit seiner Genehmigung Verträge abzuschliessen. Die aus dem Erlös für das Uebersetzungsrecht erzielten Beträge sind von der Deutschen Verlags-Anstalt an Seine Exzellenz Herrn Dr. von Haeckel abzuführen abzüglich einer Quote von 25%, die der Deutschen Verlags-Anstalt als Aequivalent für ihre Bemühungen und die Beeinträchtigung des Absatzes der deutschen Ausgabe im Auslande zukommen soll.
§ 6.
Die Deutsche Verlags-Anstalt verpflichtet sich, Seiner Exzellenz Herrn Dr. von Haeckel … geheftete und … gebundene Freiexemplare der Lebenserinnerungen zu liefern.
Vorstehenden in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigten Vertrag erkennen beide Kontrahenten kraft ihrer Unterschriften als bindend für sich undd ihre Rechtsnachfolger an.
Jena, den Juli 1912.Stuttgart, den 2. Juli 1912.
Deutsche Verlags-Anstalt.
G. Kilpper. C. Goßrau
a korr. aus: Erscheinung; b korr. aus: Vertragschliessern; c korr. aus: Abrechnungenüber; d irrtüml.: uns