Hans Christiansen an Ernst Haeckel, Wiesbaden, 1. Mai 1914
Euer Hochwohlgeboren
gestatte mir ergebenst mitzuteilen, daß es mir gelungen ist, für die „Welträtsel“ eine ebenso große wie schöne, übrigens wissenschaftlich durchaus unanfechtbare Lösung zu finden.
Ein darüber vor einigen Monaten, nur als Manuskript gedrucktes, kleines Werk, das von mir an achtzig bekannte Forscher und Denker gesandt wurde, die zum Teil mit ihrer Ermunterung zum Weiterstudium des Hauptgedankens nicht kargten, habe ich jetzt seiner nicht unwesentlichen Irrtümer und Flüchtigkeiten enthoben und in seiner Gesamtheit breiter und anschaulicher ausgeführt. Es dürfte in einigen Wochen im Buchhandel erscheinen und wird außerdem an eine große Anzahl hervorragender Gelehrter gesandt. Ich werde mir gestatten, nach seinem Erscheinen auch Ihnen ein Exemplar zu übersenden, dessen Inhalt kennen zu lernen für Sie, wie für jeden denkenden Menschen, von großem Wert sein dürfte.
Für heute nur die Andeutung, daß nach meiner Anschauung das Wesen der Welt nichts anderes sein kann, als die allmähliche Erlösung des urmännlich-egoistisch-zweckvoll-reinen, Persönliches Gottes (das Psychische, [Energie, Kraft, Geist]) und einer urweiblich-altruistisch-zwecklos-reinen, Unpersönlichen Welt (das Physische, [Materie, Stoff, Seele]), als solche aber gleichbedeutend sein muß mit der schließlichen Wesens-Scheidung von reinem Geist, konzentrierte Qualität der dezentrierten psychischen Quantität der gesamten Welt-Energie und reiner Seele, dezentrierte Quantität der konzentrierten physischen Qualität der gesamten Welt-Materie und zwar durch die, in Raum und Zeit gewaltige, nach einem, von mir entdeckten, Entwicklungsprinzip, („Welt-Schlüssel“), in zwei Hälften erfolgende Kosmos-Entwicklung, ein Prinzip, das sich übrigens in der Entwicklung aller Einzelteile und wieder deren Einzelteile und deren Einzelteile u. s. f. des Kosmos (z. B. Erde, Menschheit, Mensch, Zelle u. s. w.) wiederholt.
In vorzüglicher Hochachtung
Prof. Hans Christiansen.
Wiesbaden, 1. Mai 1914.