Ernst Haeckel an Therese Sprenger, Jena, 22. Februar 1917
Jena 22.2.1917.
Liebe Frau Doktor Sprenger!
Für die freundlichen Glückwünsche, die Sie und Ihr lieber Mann mir zum 83. Geburtstag sandten, danke ich Ihnen herzlich. Ich habe diesen Gedenktag in leidlicher Gesundheit verlebt, trotzdem die schweren Folgen der „Aushungerung“ durch England sich hier sehr fühlbar machen: „Mangel an Kohlen, Fett, Fleisch u.s.w. Indessen hoffen wir doch tapfer „durchzuhalten“!
Daß Sie so schwere Zeit durch die Erkrankung Ihres lieben Mannes hatten, bedaure ich sehr; hoffentlich wird er bald wieder ganz hergestellt sein. Über die guten Nachrichten von Ihren drei lieben Buben, und besonders von meinem Paten Ernst, habe ich mich sehr gefreut.
Mit herzlichsten Grüssen an Sie Alle, und mit besten Wünschen für baldigen Sieg unseres teuren deutschen Vaterlands stets Ihr treuer
Ernst Haeckel. ||
P. S. In Freiburg i/B wohnt (Goethe-Platz 1) mit seiner Frau Melanie ein lieber alter Freund von mir, der frühere deutsche Generala-Konsul Dr. Galli. Im April 1890 habe ich in Algier bei den liebenswürdigen Leuten gewohnt; falls Sie sie zufällig sehen, bitte ich schöne Grüsse zu bestellen.
E. H. ||
[beigelegte Karte mit gedrucktem Text]
Jena, 16. Februar 1917.
Beim Eintritt in mein 84. Lebensjahr bin ich heute durch zahlreiche freundliche Glückwünsche und willkommene Geschenke hocherfreut. Da ich außer Stande bin, allen einzelnen lieben Freunden und treuen Schülern meinen herzlichen Dank persönlich auszudrücken, bitte ich Sie, denselben in diesen Zeilen entgegenzunehmen. Alle unsere Wünsche einigen sich jetzt in der einen Hoffnung: Möge unser teures Vaterland standhaft durchhalten und bald durch einen dauerhaften Deutschen Frieden der beispiellosen Kulturzerstörung ein Ende bereiten. „Hilf Dir selbst, so hilft Dir Gott“!
Ernst Haeckel. ||
Herzlichen Dank und beste Wünsche!
„Was kann der Mensch im Leben mehr gewinnen, als daß sich Gott-Natur ihm offenbare“!
(Goethe.)
„Das Wahre, das Gute und das Schöne sind die Gottheiten unserer Monistischen Religion“!
(„Welträtsel“ 1899).
Ernst Haeckel
Frau Dr. med.
Therese Sprenger
(aus Mainz)
z. Z. im Vereins-Lazarett
Rebhaus
Freiburg i/B.