Knaupp, Wilhelm

Wilhelm Knaupp an Ernst Haeckel, Renchen, 25. November 1908

Renchen Nov. 25/08

Hochgeehrter lieber Herr Professor Haeckel.

Alles richtig angekommen, als Bücher: Die Welträtsel, malaysche Reisebriefe (Insulenda) u. die überaus treffliche u. in höchster künstlerischer Vollkommenheit ausgestatteten Wanderbilder u. viele andere bedeutende kleine Schriften, als das Lebensbild von Breitenbach, 3 Berliner Vorträge von hohem unvergänglichen Wert u. dann Ihre mir so treuen lieben Briefe u. Karten! Wie kann ich Ihnen großer Manna dafür danken? Welch ein hohes Glück war mir beschieden, mit solch einem Mann in geistigen Verkehr treten zu dürfen! Ich habe es nicht verdient. Nur ganz Große neigen sich öfter auch zu den Kleinen. Kurze b Tage, trübe melancholische Winterzeit giebt es hier in meiner luftigen Einsamen Höhe nicht mehr, || alles ist hell, freundlich u. Frühlings-Zeit. Ich vertiefe mich in die Arbeiten u. Werke, hervorgebracht mit schweren u. sauren Ringen eines großen Meisters u. in großer Verehrung schaue zu Ihnen auf.

Wie kann ich Ihnen das alles vergelten? Doch ich weis es, denn Ihr eigenes Beispiel sagt es mir – . Wenn ich nur so ein Carnegie wäre! Sie sollten sehen – doch was möglich ist, soll geschehen. –

Kriegsmaschinen auf Zerstörung ausgehend, Massenmord Instrumente erfinden, blödsinniger Sport, wie wahnsinnig auf dem Lande, dem Waßer, in der Luft herrumrasender Fahrzeuge u. geistlos in der Welt umherzureisen, das hat heut zu Tage wert u. die Millionen fliegen nur so herbei. Wie es aber bei den wahren Wohltätern der Menschheit, den Geist befreiend, aufklärend, die höchsten || Fragen, welche überhaupt an den Menschengeist gestellt werden können, zu lösen versuchen. Wie steht es da? Wenn ich an ein Pferde Rennen in Baden denke, oder nach Friedrichshaven am Bodensee u. Zepelin. Man möchte verzweifeln – u. in die Welt hineinrufen: O Tugend, nicht Du, wohl aber der Unsinn herrscht hienieden! –

Sie werden über meine Zornes-Ausbrüche jedenfalls mit philosophischer Ruhe lächeln u. sagen: Und sie dreht sich doch!

Viele Grüße u. wiederholten Dank für all das Gute u. Schöne, das Sie mir in so reichem Maase zukommen ließen Ihr ganz ergebener

Fr…

Wm. Knaupp. ||

Noch muß ich bemerken, daß Herr Dr. H. Schmidt mich mit einem Besuche erfreute, und mir Grüße von Ihnen überbrachte.

Freute mich sehr, diesen vorher nie gesehenen wackeren Mann von Angesicht gesehen zu haben. Möge er doch gesund bleiben, um noch viele Jahre unter dem gewinnvollen Einfluß Ihres hohen Geistes wirken und Schaffen zu können.

d. Ob.

a eingef.: Mann; b gestr.: Na

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
25.11.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 47722
ID
47722