Max Henning an Ernst Haeckel, Frankfurt am Main, 28. Februar 1911
NEUER FRANKFURTER VERLAG G.M.B.H.
FRANKFURT A. M.,
SENCKENBERSTRASSE 5.
DEN 28.2.11.
Hochgeehrter Herr Professor!
In der Anlage erhalten Sie bereits einen Korrekturabzug Ihres Artikels „Kernfragen der Philosophie“. Der erste Bogen des zweiten Märzheftes ist bereits in der Druckpresse. Bis Donnerstag früh könnte ich mit dem zweiten Bogen noch warten, indem ich den Dritten morgen drucken lasse. Ich bitte daher um eingehende Rücksendung der Korrektur. Sollten keine Fehler zu berichtigen sein, wäre mir Drahtnachricht sehr erwünscht. Größere Einschübe ließen sich allerdings nicht mehr ausführen.
Als ich bei Herrn v. Koppelow war, hatte ich Gelegenheit ihn längere Zeit allein zu sprechen und war über manche seiner Äußerungen sowie über sein Gebahren so frappiert, daß ich noch am gleichen Abend Herrn Professor Gur- || litt unumwunden erklärte, ich fürchtete das Schlimmste für den geistigen Zustand des Kapitäns. Wir hatten auch schon längere Zeit in Korrespondenz gestanden und in einem seiner letzten Briefe hatte er die Besorgnis ausgesprochen, man würde ihn vielleicht wegen seiner kleinen Schrift ins Irrenhaus sperren. Leider geht nun auch durch seine Erkrankung seine Spende im Betrage von 300 Mark für das phyletische Museum verloren. Er hatte mir das Geld noch nicht geschickt und die Pflegschaft verweigert die Zahlung, weil er schon vor (!) Zeichnung der Summe geistesgestört gewesen sei (also am 10. Dez. 1910) und weil die Schenkung nicht notariell beurkundet sei. Ein Rechtsanwalt, den ich zu Rate zog, sagte mir, eine Klage sei völlig aussichtslos.
Die Zeitschrift „Deutschland“ mit dem Bericht über die E.-H. Feier des deutschen Monistenbundes ist mir noch nicht zugegangen, ich bestelle sie jedoch umgehend.
Wenn ich Ihren Bericht über die Verwendung der Spende für das phyletische Archiv noch in das 1. Aprilheft aufnehmen könnte, so wäre ich Ihnen sehr dankbar. Ich müßte das Manuskript dann bis zum 18. März hier haben.
In ausgezeichneter Hochachtung
Ergebenst
Max Henning