Sonnabend
Lieber Herzens Ernst!
Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief, den ich gestern Mittag erhielt als wir bei Tische sassen. Wenn es mir auch leid thut besonders für Deine liebe Schwiegermutter, daß durch die Krankheit Euerer Köchin im häuslichen mancherlei Beschwerden sind, so muß ich doch im Ganzen froh sein, daß die Hauptsache gut ist, daß Agnes und die Kleine gesund sind. Hoffentlich wird es nun ferner wohl gehn. –
Gestern wurde der sehr schöne Jenensera Rehbraten verzährt; ich hatte dazu Lisko mit Frau || und Tochter bitten lassen, da Frau Lisko sagen ließ: sie könnten nicht kommen, so schickte ich Gustav weg, und ließ Frau Professor Weiß und die alte Jacobi mit Lucie bitten; die es auch alle drei annahmen. Dann bekam ich von Lisko ein Briefchen: er sei nicht zu Hause gewesen als meine Einladung gekommen sei, erb würde gern kommen. Nun war ich etwas besorgt, wie die Zusammenstellung passen würde, aber es ging sehr gut: Lisko ist doch sehr liebenswürdig und weiß so gut mit Vater umzugehn; Du || hättest eine Freude gehabt, wenn Du gesehn wie heiter und mittheilend Vater war, wie seit lange nicht. Freilich ist er auch heute sehr abgespannt. Lisko versicherte mich, es habe ihn sehr interessirt Frau Professor Weiß kennen zu lernen; und den beiden Frauen hatte Lisko sehr gefallen. – Karl und Clara, die ich gebeten hatte, kamen nicht. –
Wie sehr, mein lieber Ernst freue ich mich, wenn wir Dich bald werden bei uns sehn. Sobald Du weißt wenn Du wirst ungefähr her kommen können, dann schreib es mir doch; ich möchte || einen Schweinebrathen so zurecht machen, wie Du ihn gerne ißt, und der muß 6 bis 8 Tage vor dem Gebrauch eingelegt werden. –
Mit Tante Berthas Fuß ist es noch immer nicht besser; und sie hat auch noch keine Wohnung. Vater grüßt Dich und Deine Frau herzlich. –
Nun, mein lieber Ernst, lebe wohl, und behalte lieb
Deine
alte Mutter
Lotte Häckel.
a eingef.: Jenenser; b eingef.: er