Ernst Haeckel an Gertrud Meyer, Jena, 1. Januar 1918
Meine liebe Gertrud!
Dieser kurze, aber herzliche Glückwunsch zu Deinem 19. Geburtstage sollte eigentlich schon vorgestern ( – von einem Aquarell begleitet! –) an Dich abgehen, um rechtzeitig am Sylvester Dir an diesem wichtigen Festtage die besten Grüße zu überbringen. Allein die gehäuften Briefschulden der letzten Wochen liessen mich nicht zum Schreiben kommen – dazu noch viele Besuche von alten Schülern und Freunden, welche der 90. Geburtstag unsres Seniors, des Gynaecologen Prof. Bernhard Schultze (– sehr feierlich am Sonnabend 29.12. begangen! –) angelockt hatte; darunter auch der Geograph Leo Schultze, der direkt aus Mazedonien kam, und der Anatom Heinrich Eggeling aus Russland. ||
Nun schreibt mir heute Dein lieber Vater, daß er mit d. Mutter schon am Freitag oder Sonnabend zu mir kommen und bis Sonntag Nachmittag bleiben wird. Sage also Deinen lieben Eltern, daß mich ihr Besuch sehr erfreut, und daß ich schon am Freitag für 2 geheizte Zimmer sorgen werde, an der Südseite von Villa Medusa (in Else’s Schlafzimmer und meiner großen Schlafstube; ich schlafe jetzt über der Küche, Nordseite).
– Prof. Rudolf Hirzel ist am 30.12. gestorben und wird übermorgen bestattet.
Mit herzlichsten Grüßen an die ganze große Meyerei und die Familien Hantzsch (sen. et jun.) – und hoffnungsvollen Wünschen für einen guten „Deutschen Frieden“ in 1918
treulichst Dein alter Großvater
Ernst Haeckel