Ernst Haeckel an Unbekannt, Jena, 3. März 1891
VILLA HAECKEL. JENA, DEN 3. März 1891.
Lieber Freund und College!
Für Ihren freundlichen Glückwunsch zur Verlobung unserer Lisbeth mit Dr. Hans Meyer sage ich Ihnen unseren herzlichen Dank. Das hocherfreuliche Ereigniß, über das Sie gewiß eine reizende Novelle mit Frühlings-Sonnenschein schreiben könnten, hat zwei liebe und tüchtige junge Herzen vereint, die wie füreinander geschaffen sind; ein glückstrahlendes Paar! ||
Leider wurde unsere Freude sehr dadurch getrübt, daß meine Frau gleich darauf schwer erkrankte und wir am 21. Februar zu einer lebensgefährlichen Operation uns entschließen mußten (Laparotomie). Diese ist aber sehr glücklich ausgefallen, u. ein großer alter Gallenstein als Quelle ihrer langen Leiden gefunden. Wir hoffen, daß mit dessen glücklicher Entfernung eine neue frohe Periode des Lebens für sie beginnt.
– Mir selbst geht es im Ganzen gut; ich lebe still in meinem Bergnest, in der Ihnen wohl unbekannten „Berggasse“.
Wir würden uns sehr freuen, Sie und Ihre liebe Frau einmal wieder zu sehen. Sie würden über das großartige „Neu-Jena“ (– mit vier Bahnhöfen!! –) gewiß sehr erstaunt sein.
Mit herzlichsten Grüßen an Sie und Ihre Familie
Ihr treu ergebener
Ernst Haeckel.