Eucken, Rudolf; Haeckel, Ernst; Schmidt, Adolf

Rudolf Eucken, Ernst Haeckel und Adolph Schmidt an Carl Fortlage (Dekan), Jena, 16. Dezember 1878

Jena 16/12 78.

Decane maxime spectabilis!

Die Unterzeichneten erlauben sich in Ehrerbietung Ihnen folgendes Gesuch zu überreichen und Sie zu bitten, dasselbe der hohen Facultät vorzulegen sowie Ihrerseits geneigtest zu befürworten.

Unser Gesuch geht dahin:

Hohe Facultät wolle dem Gymnasialoberlehrer a. D. Th. R. Mende hierselbst die Würde eines Doktors der Philosophie ultro verleihen.

Herr Gymnasialoberlehrer Mende, geborener Schlesier, seinem Studium nach Philolog und Theolog, ein Zögling der Breslauer Universität, hat eine lange Thätigkeit im höheren Schuldienst hinter sich, über 40 Jahre hat er an dem Gymnasium zu Liegnitz und Brieg gewirkt. Nachdem er am Abend seines || Lebens in wohlverdienten Ruhestand getreten war, hat er, wesentlich durch den Wunsch getrieben, dem geistigen Leben einer Universität unmittelbar nahe zu sein, unsere Stadt zu seinem Wohnort erwählt. In der Reihe von Jahren, die er hier nun weilt, hat er fortwährend das lebhafteste Interesse für die Universität und ihre Angelegenheiten bekundet, und er hat diesem Interesse insofern auch einen thätlichen Ausdruck gegeben, als er bei Schenkung seiner werthvollen Bibliothek an das hiesige Gymnasium das Recht der Mitbenutzung den Mitgliedern des hiesigen philosophischen Seminars ausdrücklich bedungen hat.

Dem Manne, welcher also innerlich der Universität nahe steht und ihr in pietätvoller Verehrung zugethan ist, fehlt nun jedes äußere Zeichen des Zusammenhangs, fehlt jede akademische Würde. Mende, der sich || aus sehr dürftigen Verhältnissen herausarbeiten mußte, konnte aus äußeren Gründen nicht daran denken, die Doctorwürde bei Abschluß seiner Universitätsstudien zu erwerben. Später nahm ihn die Schulthätigkeit ganz in Anspruch; daß er aber auch in ihr nicht aufhörte sich wissenschaftlich zu beschäftigen, davon legen gelehrte Programme Zeugniß ab, deren eines wir beizulegen uns erlauben. Als ihm endlich die Pensionierung größere Muße gab, war es zu spät für eine Bewerbung um einen akademischen Grad.

Nun gegen Schluß seines Lebens würde es Mende (der etwa 75 Jahre zählt) sicherlich eine hohe Freude sein, durch die Doctorwürde gewissermaßen das akademische Bürgerrecht zu erhalten; ein solches Zeichen der Beachtung und Schätzung seitens der hohen Facultät wird auf seine letzten Lebensjahre freundliches Licht werfen. ||

Zu einer Promotion honoris causa sind nun freilich die Verhältnisse nicht angethan, wohl aber dürfte vielleicht die hohe Facultät darin, daß der Mann, für den wir die Auszeichnung erbitten, seine ganze Lebensthätigkeit dem für uns so wichtigen höheren Schuldienst in Treue und Aufopferung gewidmet, und daß er unserer Universität und Facultät Pietät durch Gesinnung und That gezeigt hat, hinreichende Gründe für eine Ultrapromotion erblicken.

Es verharren Ew. Spectabilität und hoher Facultät

ehrerbietig ergebene

R. Eucken

Ad. Schmidt

Haeckel

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
16.12.1878
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
UAJ
Signatur
UAJ, M 459, Bl. 89r-90v
ID
47418