Adolf Giltsch an Ernst Haeckel, Jena, 19. Dezember 1913
Jena, den 19. Dez. 03.
Liebster Herr Professor!
Ihr Brief vom 12/12 kam am 15/12 früh an. Sofort ging ich zu Pohle und hielten wir es nicht für empfehlenswert, das Bild herauszunehmen, weil durch das Zusammenrollen pastöse Farbauftragungen Schaden leiden können. a Herr Pohle hat mich nicht weiter gebraucht, nur gegen Abend habe ich noch einmal in der Villa mit nachgesehen ob auch das richtige Bild eingepackt wird. Pohle hatte die Kiste gefunden, in welcher wahrscheinlich das Bild hierhergekommen war und hat dasselbe dann am 16. (Mittwoch) von der Rückseite angeschraubt, die 2 vorhandenen Leisten, mit Pappen unter- und überlegt, auf der Bildseite befestigt (auch durch Schrauben von Außen) und ist die Kiste am Nachmittag zu 4 & 5 Uhr von Blüthner abgeholt worden. Ich habe aber auch an die Redaktion der „Jugend“ geschrieben, daß sie || uns den Empfang anzeigen möchte. Hoffentlich kommt das Bild gut wieder an seinen Platz, nachdem es seinen Zweck als Vorbild für die Reproduktion, erfüllt hat.
Es freut uns recht sehr, daß es Ihnen in Rapallo wohl ist. Sie haben ja freilich noch 5–9° Wärme mehr als wir, aber wir können auch noch zufrieden sein, daß es nicht immer unter & über 0° schwankt. Ob nun Winter’s Anfang Kälte und b neuen Schnee für das Weihnachtsfest bringen?; sonst hätte man ja gar nicht den Eindruck desselben.
Ich habe jetzt immer straff für Fischer zu thun und vertrödeln viel Zeit mit Kalkulationen und Berathungen hin u. her, wie die Reproduktionen am Besten zu machen ist. Ärger giebts ja auch manchmal, wenn sich eine Sache nicht gleich nach Wunsch erfüllen läßt; das dient ja wohl zur besseren Verdauung und a bißel Sonnenschein giebts ja immer mal und wenns || dann und wann ein Brief von Ihnen ist, da ist’s immer recht warmer und blitzender.
Sollte ich keine besondere Gelegenheit haben, so wünsche ich Ihnen zunächst im warmen Süden ein frohes c Weihnachtsfest, so gut sich das eben (ohne Weihnachtsbaum??) in Rapallo feiern läßt?
Jetzt habe ich die 91 vor und bin glücklich mit der Mittelfigur der Taf. 10 der Challenger Radiolarie Tholoma (unten in der der Mitte d. Tafel 90) fertig. Das war die zeitraubenste Figur d. Tafel. Da habe ich 2½ Tagd daran gezeichnet – das kommt von den 500–600 Wabenporen. Wenn aber nichts dazwischen kommt, möchte ich doch noch mit dieser und der 100 auch noch fertig werden im Jahre 1903.
Beste Grüße, auch von meiner Familie, von Ihren getreuen
A. Giltsch.
a gestr.: Es; b gestr.: S; c gestr.: Süden; d eingef.: Tag