Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 10./11. Oktober 1876

Potsdam 10/10 76

Mein lieber Ernst!

Ich danke Dir recht herzlich für Deinen gestern erhaltenen Brief, und freue mich daß Du Deine Frau besser gefunden hast. Die Kräfte werden hoffentlich auch bald kommen. Es thut mir leid, daß die Kinder Husten haben, ich denke aber bei den schönen, warmen Tagen, die wir jetzt haben, wird es bald besser werden. Du schreibst mir aber gar nichts über Dein Befinden, das doch hoffentlich gut ist. ||

Leider ersehe ich aus Deinem Brief, daß meine Furcht nicht ungegründet war, daß Du Dich gleich wieder mit Arbeit übernehmen würdest. Daß Dir die paar Stunden, die Du in Berlin warst, so angenehm gewesen sind freut mich, ich hatte immer den Wunsch, Du möchtest den Gorilla sehn. –

Daß Euer Gyminasium eingeweiht ist, freut mich, und ich wünsche daß unser lieber Walter bald gut vorbereitet, es wird besuchen können. ||

Gestern Abend, mein lieber Ernst, konnt ich den an Dich angefangenen Brief nicht fertig bringen, und ich will jetzt versuchen ob es heute geht, obgleich der heutige Tag etwas unruhig war für mein gewöhnlich so einförmiges Leben.

Früh wurde ich überrascht durch Deine Liebessendung und ich sage Dir und Deiner Frau herzlichen Dank für die niedlichen Vögelchen. So liebenswürdig es von Euch ist, so bitte ich doch, daß Ihr künftig nicht || bei so warmen Tagen dergleichen schickt, es ist schade um so gute und kostbare Sachen; es war schon wieder Leben nicht angenehmer Art in den Bisterchen, als ich das Kistchen aufmachte. Also schickt mir nichts wieder, ich weiß ja doch, mein lieber Ernst, daß Du mit Liebe an mich denkst, ich bedarf dafür keine äusseren Zeichen! –

Dann kam heute früh eine Karte aus Berlin, in der sich Auguste Brunnenmann und Agnes Sack anmelden, || sie würden mich um 5 Uhr besuchen, was mir eine große Freude gemacht hat; sie waren bis zum Wildpark gefahren, und hatten Charlottenhof etc besucht. Bis halb acht blieben sie hier, da haben wir traulich geplaudert; allerdings ist ja grade jetzt und [!] unseren Famielien so vieles, was schmerzlich bewegt.

Nun, Gott helfe tragen alles was er auferlegt! – Denke Dir Voswinkels haben ihr einziges Enkelchen, das || Kindchen von Gustav an Lungenentzündung verlohren; dies Kindchen war für Voswinkels eine große Freude bei den schmerzlichen Verlusten. –

Wie ist es dann, mein lieber Ernst, sind von Dir noch spätere Reiseberichte, dann bitte ich sie mir zu schicken, mein letzter ist vom 20sten September aus Glasfort. – Grüsse Agnes und die Kinder herzlich von mir. – In dem heutigen Kistchen ist doch kein Brief gewesen, es war auf als ich es erhielt. Sei herzlich gegrüßt von Deiner Mutter

Lotte.

Brief Metadaten

ID
47039
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
11.10.1876
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
6
Umfang Blätter
3
Format
14,2 x 21,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 47039
Zitiervorlage
Haeckel, Charlotte an Haeckel, Ernst; Potsdam; 11.10.1876; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_47039