Walther, Johannes

Johannes Walther an Ernst Haeckel, Halle an der Saale, 19. Juni 1909

PROF. JOHANNES WALTHER.

HALLE A. S., FASSANENSTRASSE 4, den 19. Jun. 1909

Liebe verehrte Excellenz!

Ihr soeben erhaltener Brief ist mir, ebenso wie meiner Frau, äußerst schmerzlich zu lesen; und Sie werden mir nachfühlen, wie wir mit Ihnen die unerfreulichen Handlungen Ihres Nachfolgers empfinden. Ich würde, da ich doch selbst seinerzeit mit zu Gunsten von Plate eingetreten bin, || in dem Geschehenen eine auch persönliche Last sehen, wenn sie nicht am Schluss ihres Briefs so freundlich erklären, daß nach der fachlichen Seite Plate doch der rechte Mann in Jena ist. Von mehreren, durchaus objektiv und wohlwollenden Seiten habe ich bestätigen hören, daß Plate in Jena nicht verstanden hat, sich Sympathien zu erwerben, und ich werde an einen Streit erinnert, den ich im Jahre 1881 mit ihm im Naturwissenschaftlichen Verein zu Jena erlebt, von dem ich Ihnen ja damals || noch hier erzählte und wo ich mich erinnere, daß Plates Benehmen uns gar nicht gefallen hatte.

Plate schrieb vorige Woche an mich, um zu hören, ob unser Ordinariat schon besetzt sei (jetzt hat Hecke angenommen) u. ich schloß aus seinem Brief, daß er selbst die Schwierigkeit seiner Lage in Jena einsieht – nun werde ich gewiß in Cambridge zunächst mit Hertwig conferiren. Vielleicht gelingt mir dann auch auf Plate einzuwirken, denn das darf nicht so weitergehen, daß Sie in Jena eine so unverdiente Behandlung erfahren! In der letzten Juniwoche (bis 3. Juli) ist meine Frau noch hier, dann geht sie mit || den Kindern nach Hahnenklee. Dann sind wir zu etwa 20 August wieder beide daheim. –

Wollen Sie nicht einmal für einige Tage zu uns kommen? Sie finden hier ein stilles ruhiges Heim, herzliche warme Freundschaft, und würden uns eine ganz besondere Freude bereiten. Nun zunächst wünschen wir Ihnen eine recht rasche Genesung! Liebe Exzellenz, lassen Sie sich durch die Erfahrung der letzten Monate nicht noch mehr deprimiren, und seien Sie überzeugt, daß Plates Taktlosigkeiten nicht auf bösem Willen beruhen können, sondern sich vielleicht zum Theil durch seinen raschen äußeren Erfolg und mangelnde Herzensbildung erklären. Er schreibt mir mit aWorten, die mich hoffen lassen, daß er sein Unrecht einsieht, und daß vielleicht manches noch ausgeglichen werden kann.

Mit herzlichen Grüßen in treuer Verehrung

Ihr

J Walther u. Frau

a weiter am Rand v. S. 4

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
19.06.1909
Entstehungsort
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 46877
ID
46877