Jena d. 21. XI. 89.
Herrn Prof. Dr. E. Haeckel.
Gesuch des Walter Schmidt stud. med.
um huldvolle Verleihung des
„Sächsischen Stipendiums für Mediziner
und Naturwissenschaftler“.
An den hochverehrten Herrn Prof. Dr. E. Haeckel, Collator des „Sächsischen Stipendiums für Mediziner und Naturwissenschafter“, erlaubt sich der gehorsamst Unterzeichnete die ehrfurchtsvolle Bitte um huldvolle Gewährung dieses jetzt zur Verteilung kommenden Stipendiums.
Nachdem ich das Gymnasium zu Weimar Ostern 1888 absolviert hatte, bezog ich die Universität Jena und widmete mich dem Studium der Medizin, welches mir neben dem geringen Wechsel von Seiten meines Vaters nur durch Unterstützung meiner Schwester möglich war. Im vorigen Winter verehelichte sich meine Schwester und konnte ich somit nicht mehr auf weitere Unterstützungen denken. Andrerseits verschlimmerten sich die väterlichen Vermögensverhältnisse. Mein Vater ist 64 Jahre alt und seit 32 Jahren am Weimarischen || Hoftheater als Opernregisseur und darstellendes Mitglied thätig. Ein großer Teil seines Einkommens besteht in Spielhonorar, welches jetzt durch Alter und anhaltende, schwere Krankheit dermaßen beschränkt ist, daß er mir die für mein Studium nötigen Unterstützungen nur in der knappsten Weise zukommen lassen kann. Ich würde es nicht gewagt haben, an Sie, hochverehrter Herr Professor, dieses Bittgesuch zu richten, wenn nicht augenblicklich die Vermögensverhältnisse meiner Eltern derartig wären, daß ich mich gezwungen sehe, die Güte Fremder anzurufen und auf deren hoffentliche Unterstützung zu rechnen.
Der hochverehrte Collator des „Stipendiums für Mediziner und Naturwissenschafter“ wolle deshalb mein Gesuch mit Nachsicht aufnehmen und einer geneigten Berücksichtigung unterwerfen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ganz ergebener
Walter Schmidt stud. med. ||
Bittsteller ist Angehöriger des Großherzogtums Sachsen-Weimar. –