Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Paul von Ritter, Jena, 14. Mai 1886

Abschrift

Jena, 14 Mai 1886.

Hochgeehrter Herr Doctor!

Werthester Gönner und lieber Freund!

Aus Ihrem freundlichen, gestern erhaltenen Briefe ersehe ich mit Vergnügen, daß Ihnen der einstimmige Beschluß unserer philosophischen Facultät, Sie zum Dr. phil. hon. causa zu promoviren, Freude gemacht hat; wir bitten aber, in dieser akademischen Ehren-Bezeugung nur einen kleinen Theil des großen Dankes zu erblicken, den wir Ihnen für Ihre hochherzige Stiftung schuldig sind. Die übrigen officiellen Dankes-Bezeugungen, von Seiten des Senates und der Regierung, habe ich einstweilen, Ihrem wiederholt geäußerten Wunsch entsprechend, inhibirt, bis die geschäftlichen Formalitäten der Stiftung erledigt sind. In Betreff der Ehren-Promotion bemerke ich nur noch, daß dieselbe vom Tage des Beschlusses an, also vom 8. Mai 1886, perfect, ist und Sie seit diesem Tage bereits unser wirklicher Ehren-Doctor sind; dagegen bitte ich || das officielle Dankschreiben an die philosophische Facultät (– für das ich Ihnen noch einige Andeutungen geben werde –) erst nach Empfang des Diploms hierher zu senden.

Von dem Entwurfe der Stiftungs-Urkunde, welchen Herr Dr. von Harnier für Sie aufgesetzt, hat mir derselbe in Ihrem Auftrage vor einigen Tagen eine Abschrift zugesandt und ich habe dieselbe, Ihren Wunsche entsprechend,a nebst dem Verzeichniß der offerirten Werth-Papiere, alsbald dem Curator unserer Universität, Herrn Geheimen Regierungsrath Eggeling hierselbst, sowie dem Großherzoglichen Staats-Ministerium in Weimar mitgetheilt.

Beide Behörden haben mich beauftragt, Ihnen einstweilen mittelbar ihren wärmsten Dank für Ihren edelmüthigen Entschluß auszudrücken. Was die Form der Stiftungs-Urkunde betrifft, so ersucht Sie das Ministerium, einige kleine Änderungen zu gestatten, welche in dem beifolgenden, gestern in Weimar angefertigten Entwurfe ihren Ausdruck gefunden haben. Die Verwaltung des Stiftungs-Kapitals kann nach § 54-57 unserer Statuten nicht durch den Senat geschehen, sondern nur durch die „akademische || Immediat-Finanz-Commission“, welcher die Verwaltung des gesammten Vermögens der Universität (nebst allen Stiftung etc.) ausschließlich übertragen ist.

Außerdem beauftragt mich das Ministerium – selbstverständlich ohne die freie Disposition über die einzelnen Bestimmungen Ihrer Stiftungs-Urkunde irgendwie beeinträchtigen zu wollen, folgende Punkte (als eventuell nach dem Weimarischen Entwurfe zub modificirende) Ihrer geneigten Erwägung zu unterbreiten:

§ 4. Für die eventuelle „theilweise Verwendung des Stiftungs-Capitals bis zu einem Drittheil“ ist einestheils (– natürlich erst nach vollen Eingang des Legates –) in Aussicht genommen ein größeres Werk über Phylogenie (reich illustrirt! –), welches Ihrem Gedächtniß gewidmet sein würde, andererseits die Errichtung eines „Ritter-Museums für Phylogenie“, in welchem die paläontologischen, vergleichend-anatomischen und embryologischen Sammlungen und Arbeits-Räume vereinigt würden. ||

§ 5. Nach den gütigen Andeutungen, welche Sie mir am Morgen meiner Abreise in Basel machten, würden Sie vielleicht bestimmen, daß das Stiftungs-Capital „im Falle der Aufhebung der Universität Jena“ (– die übrigens hier als sehr unwahrscheinlich und fernliegend angesehen wird) an eine wissenschaftlich oder Unterrichts-Zwecken dienende Anstalt des Großherzogs Weimar fällt.

Was die offerirten Werth-Papiere betrifft, so acceptirt das Großherzogliche Staatsministerium dieselben dankbarst, bemerkt jedoch dabei, daß deren Gesammtwerth nach dem jetzigen Börsen-Curse thatsächlich 101-102 Tausend MK beträgt. Es dürfte daher, von formaljuristischen Standpunkte betrachtet, wohl nicht thunlich sein, in der Stiftungs-Urkunde die Schenkung auf 130,000 (– statt auf rund 100.000 Mk) zu beziffern; es müßte vielmehr, falls Sie bei der legirten Gesammtsumme von 300,000 Mk verharren, entweder eine andere Vertheilung eintreten (– 100.000 MK Schenkung und 200,000 MK Legat) oder es müßte in die Urkunde irgendeine Clausel, betreffend das Inter-Ususium (– und die even||tuelle Differenz der nicht zu übergebenden 28-30 Tausend Mk) eintreten.

Verzeihen Sie, Hochverehrter Freund und Gönner, wenn ich Ihnen diese Bedenken ebenso freimüthig, und mit der Bitte um eventuelle Modification, mittheile, wie sie mir seitens des Staats-Ministeriums, als im Interesse der Universität und Ihrer großmüthigen Stiftung selbst liegend, geäußert worden sind.

Selbstverständlich werden wir ja in jeden Falle ihre werthvolle Stiftung – welche Form Sie ihr auch geben –c mit dem wärmsten Danke, im Interesse der Wissenschaft entgegen nehmen.

Mit freundlichsten Grüßen

Hochachtungsvollst

Ihr dankbar ergebener

Ernst Haeckel

a eingef.: und ich habe dieselbe, Ihren Wunsche entsprechend,; b eingef.: zu; c eingef.: welche Form Sie ihr auch geben –

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
14.05.1886
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 46654
ID
46654