Bartholomäus von Carneri an Ernst Haeckel, Marburg an der Drau, 25. Mai 1891
Marburg 25. Mai 1891.
Geliebter und verehrter Freund!
Dieser Brief braucht keine Antwort, weil ich weiß, wie er von Ihnen erwiedert [!] wird. Ich kann’s nur nicht unterlassen, Ihnen zu berichten, daß in ein paar Tagen der Satz einer 2. Auflage meines Modernen Menschen beginnt – für ein philosophisches Buch, nicht ganz vier Monate nach dem Erscheinen, eine Seltenheit. Freut mich riesig.
Möchten diese Zeilen Sie || und alle Ihre Lieben möglichst wohlauf antreffen! Meinen Kindern, die Sie herzlich grüßen und mit einem Jahresurlaub hier sind, geht es gut, mir eher etwas weniger schlecht. Meine Laune ist rosiger als je trotz der Niederlage, die mir diea vereinigten Ultranationalen, Antisemiten und Clericalen bei den letzten Wahlen beigebracht haben. Ich glaube, Ihnen bereits gesagt zu haben, daß ich nicht || mehr dem Reichsrath angehöre, u. wiederhole es nur, damit Sie wissen, daß ich nur mehr hier zu finden bin. Da ich aber von Zeit zu Zeit auf Ein oder zwei Tage nach Graz gehe, so bitte ich ja nicht unangemeldet nach Steiermark zu kommen.
Und damit grüße ich Sie in unerschöpflicher Verehrung und Dankbarkeit
Ihr
treuergebener
B. Carneri
a eingef.: die