Bartholomäus von Carneri an Ernst Haeckel, Marburg an der Drau, 24. Oktober 1889
Marburg 24. Oct. 1889.
Verehrter und geliebter Freund!
Nicht erschrecken! Es ist dies kein Schreiben, das Sie gleich wieder in Briefschuld versetzt. Meine Antwort kommt erst, wenn ich mein Buch untergebracht habe; zu welchem Zweck ich aus einem besonderen Grund mich zuerst noch einmal an Schweizerbart und dann an Strauss wende.
Ich muß Ihnen nur heute schon sagen, wie glücklich es mich macht, daß Sie mich immer gleich lieb haben trotz meiner Marotte, die beim besten Willen micha über den Einen Punkt nicht hinüber läßt. || Zürnen könnte ich Ihnen nie, und hatte auch gar keinen Grund dazu, während ich es sehr gut begreifen würde, wenn Sie über meine Hartnäckigkeit die Geduld verlören, was, wie ich fürchte, aber auch begreife, bei Preyer der Fall ist.
Auf die neue Schöpfungsgeschichte freue ich mich kindisch, ich kenne kein erfrischenderes Buch.
Bleiben Sie nun sammt Ihren Lieben recht gesund, u. möchten wir uns im kommenden Jahre gewiß wiedersehen! ||
Ihre lieben Grüße an meine Kinder gehen heute noch nach Wien.
Und damit drückt Ihnen aus ganzer Seele – wie sie ausschaut, ist dabei gleichgiltiger, weil das ganze Herz dabei ist – die Hand
Ihr treuergebener
Carneri
a eingef.: mich