Müller, Alexandrine

Alexandrine Müller an Ernst Haeckel, Dresden, 20. Februar 1912

Dresden den 20/2 1912.

Hochverehrter Herr Professor!

Ihre in so liebenswürdiger Weise gehaltene Erwiederung auf mein Schreiben hat mich sehr glücklich gemacht. Die Anerkennung des „Pythekanthropus“ hat uns mit unsagbarer Freude erfüllt, – und dann überhaupt ein Schreiben von Ihrer lieben Hand mein Eigen zu nennen, ist für mich so wertvoll, daß ich es wie eine Reliquie bewahren werde. Ich danke Ihnen von Herzen dafür – und muß Ihnen sagen wie unendlich wertvoll Sie mir als sieghafter Beweisführer Ihrer unwiederlegbaren Theorien – und vor || Allem als wirklicher Mensch sind.

Es gibt von dieser Species ja so wenige, sind doch fast alle Dank ihrer verkehrten Erziehung und angeborenen Engherzigkeit nicht fähig sich zu Ihrer lichten Höhe aufzuschwingen – und es werden noch manche Zeiten vergehen, ehe die Erdeaner begreifen werden, daß ihr Herauswachsen aus der tierischen Form erst dann die höchste Stufe der Cultur erreicht haben wird, wenn sie ihre Gottähnlichkeit zu verschmerzen gelernt haben, – dann verehrter Herr Professor wird die Menschheit vor Ihren Denkmälern knien, – und es wird „die Zahl von Ihren Erdentagen nicht in Äonen untergehen.“ –

Verzeihen Sie, ich spreche aus einem überschwenglichen Herzen heraus, wird mir ja wohl kaum einmal im Leben die große Freude zu Teil einem Mann wie Sie meine ganze Verehrung zu bekennen. Bitte nehmen Sie sie an von einer Frau, deren Seele voll Idealen ist, die nur für das Schöne und Große sich begeistert – und die über das || ganze Menschengeschlecht weint.

Für Ihre so noble Zusendung des Betrages betreffend „Pythe.“, sagen mein Mann sowie ich herzlichsten Dank. Aber ich habe noch eine Bitte Herr Professor: Würden Sie mir ein kleines Bild von Ihnen selbst (eine Photographie) mit einer Widmung von Ihrer lieben Hand zusenden? –

Unter meiner Galerie „großer Geister“ fehlt noch Agamemnon. Bitte Herr Professor, machen Sie mir die Freude, es gibt auf der ganzen Erde kein Wesen, daß Sie höher schätzt, wie ich. Ich hoffe u. wünsche Sie recht recht bald ganz gesund.

Ihre ganz ergebene hochachtende

Alexandrine Müller

Gerichtsstraße 13III.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
20.02.1912
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 46144
ID
46144