Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Groß Brütz, 2. September 1918.

Jagdhaus Gr. Brütz, Post Wittenförden

2. Septr. 18.

Hochverehrte Excellenz,

also Sonnabend früh um ½ 5 begeben wir uns mit dem ganz munteren und ausgeschlafenen Trautchen in tiefster Dunkelheit zum Saale-Bahnhof. Von Jena mußten wir bis Halle in „drangvoll fürchterlichster Enge“ stehen – in Halle begrüßte uns zu meiner größten Freude eine liebe, frühere Pensionärin, die extra nach H. gekommen u. dort übernachtet hatte, um uns in aller Frühe von ½ 7 – 7 sprechen zu können. In Schwerin erwartete uns mein Mann mit dem Wagen, dem Trautchen gleich Alles erzählte von ihrem lieben Patenonkel, von Jena, dem Phyletischen Museum etc. Das kleine Plappermäulchen stand nicht still. Nun bin ich wieder zu Haus u. mitten drinnen in Allem, nach den wunderschönen Feiertagen in Jena u. Weimar, in denen ich Kunst u. Wissenschaft genießen konnte. Ich bin Ihnen, hochverehrter, liebster, guter Herr Geheimrat, ja so unendlich dankbar für die köstlichen Stunden, die Sie mir geschenkt haben und vor Allem auch, daß ich Ihnen mein kleines Sonnenscheinchen vorstellen durfte. Für das kl. Geschöpfchen wird es ja die größte Erinnerung ihres Lebens bedeuten, daß sie bei Ihnen sein dürfte, einmal auf Ihrem Schoß sitzen durfte. Aus tiefstem Herzen danke ich Ihnen für Alles, für Ihre große Güte, daß Sie stets so väterlich lieb u. gut zu mir waren. Mit größter Freude sprechen Elli [Busch] u. ich immer wieder von Ihren köstlichen Aquarellen, die Elli || durch Ihre Güte mit bewundern durfte. Ich freue mich schon unendlich auf die Aquarelle, die Sie mir noch gütigst versprochen haben, wie auf das Buch für Trautchen, u. die Lektion von Schmidt’s Entwicklungsgeschichte, die sehr interessant zu sein scheint, wie ich beim heutigen Aufschneiden schon bemerkte.

Lieber Herr Geheimrat, noch eine kl. Bitte hätte ich, wenn Sie 1x an Ihren Giftvorrat gehen, wäre ich Ihnen sehr dankbar für 1 kl. Portion Morph. Wenn Sie mir den Wunsch erfüllen möchten.

Den Eierkarton ließ ich Ihrer Olga zurück, weil ich ihn unmöglich mehr mitnehmen konnte. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihn mir bald zurücksenden möchten, damit ich Ihnen bald nochmals gefüllt senden kann. Unsere Kuh hat auch an Goethe’s Geburtstag ein Kuhkälbchen bekommen – nun haben wir Milch. Da kann ich Ihnen wohl auch etwas Butter mitsenden.

Ich werde Ihnen dann lieber jedesmal das Paket unfrankiert senden, als Eilpaketa, ich glaube, dann kommt es sicherer an.

Nun nochmals Alles Liebe u. Gute, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, mit nochmaligen innigstem, aufrichtigstem Dank für Alles und einem süßen Küßchen von Trautchen, Alles Gute für den September, schönen Gruß an Ihren Herrn Sohn – mit einer Empfehlung von meinem Manne

bin ich stets u. immer

Ihre Sie so aufrichtig verehrende, Ihnen stets treu u. dankbar ergebene

Elli von Crompton

P. S. Meine neue Hausdame macht sich gut – ich hoffe jetzt für Wissenschaft u. Kunst übrig Zeit zu haben. Ich danke Ihnen noch besonders für das schöne Privatissimum der Radiolarien u. würde f. mein Leben gern nach Ihren Anleitungen Tafeln für Sie malen.

a eingef.: als Eilpaket

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
02.09.1918
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4568
ID
4568