Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Groß Brütz, 23. April 1918.

E. V. CROMPTON | JAGDHAUS GR. BRÜTZ | BEI SCHWERIN IN MECKL. |

POST WITTENFÖRDEN

23.IV.18.

Hochverehrte Excellenz,

mit gleicher Post sende ich Ihnen heute per Eilboten 1 kl. Päcklein als kl. Frühlingsgruß: oben auf ein paar Frühlingsblumen, etwas Butter u. 1 Stck. Speck; von letzteren Sachen hoffe ich, daß sie Ihnen etwas zur Stärkung helfen werden, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat! Von ganzem Herzen hoffe ich, daß das wundervolle Frühlingswetter, das hoffentlich auch bei Ihnen herrschen wird, Ihnen gut tut und Sie wieder kräftigt, daß Sie noch einmal mit freudigen Sinnen das Wachsen, Blühen u. Gedeihen der schönen Erde genießen können. Wenn ich jetzt durch die köstliche Frühlingslandschaft gehe (es kommt allerdings selten vor bei der vielen Arbeit) ist es wundervoll, das Schmettern der Lerchen in der köstlich reinen, blauen Frühlingsluft. Überall solch zarte, reine Pastelltöne, der umgepflügte Acker so schwer violett, als ob er ungeheuren Segen birgt. Unsere Birkenallee, mit dem zarten, hellgrünen Brautschleier umwoben. Alles steht u. harrt so erwartungsvoll – Eins bedaure ich nur, daß es hier keine Leberblümchen giebt – die u. Citronenfalter dazu, gehören doch so echt zum Frühling. Als wir damals die wundervolle Fahrt nach Vollradisroda machten, war doch alles blau von Leber-||blümchen – wissen Sie noch, wie wir welche mitnahmen, lieber, guter Herr Geheimrat? Wie Sie da von Ihrer Fußtour von Weimar im Walde vom Gewitter überrascht wurden, wie wir da auch gleich wieder auf Goethe kamen? Ach, es waren solch köstliche Stunden! – Wenn ich aber noch mal nach Jena kommen sollte, so nehme ich mir Leberblümchen mit, damit ich einen echten Frühlingsblütenflor auch hier habe. – Gesundheitlich geht es uns gut, bis auf meinen Mann, der an einer Erkältung lange vor Ostern sich noch immer herumquält, dazu kommt noch sein altes Malarialeiden dazu – Für Trautchen suche ich jetzt ein nettes, junges Mädchen – das ist auch eine schwierige Sache, an Stelle des jg. Mädch. die ich 1 ½ J. schlicht um schlicht bei ihr hatte, u. die wegen Erkrankung ihrer Mutter heim muß. Es ist nicht so einfach, ein durch u. durch zuverlässiges Geschöpf mit nur guten Anlagen zu finden; dem man das Beste, was man hat, anvertrauen kann.

Leider muß ich Jemand haben, da ich mich nicht dauernd um Trautchen kümmern kann, sie vor Allem jedoch nicht ständig mit den vielen, jungen Mädchen zusammen lassen möchte, da das schädigend auf ihr kleines Kinderköpfchen wirken könnte –

Eine sehr nette Haushaltungslehrerin habe ich jetzt, die mich ganz gut entlastet; Tochter eines verstorb. Generals. Von Juli aba habe ich 16 jg. Mädch. Bis jetzt 12, weitere kommen im Mai – – Es sind diesmal Alles liebe, gute Geschöpfe; eine war darunter, die ich gleich nach ein paar Tg. wieder nach Hause schickte wegen des Allgemeinwohl’s. Leider ist unser bestes Pferdchen sehr krank. Wir erwarten den Tierarzt p. Automobil. Wir fürchten, daß es eingehen wird. Das wäre ein unermeßlicher Schaden für uns. Da die Versicherung nur so ist, wie sie damals gekostet haben, die Pferdepreise jetzt um das Doppelte gestiegen sind. Doch man muß bis zuletzt hoffen. – – – – –

Doch nun, liebster, guter Herr Geheimrat, Ihnen von ganzem Herzen Alles Gute u. Liebe wünschend, mit einem süßen Küßchen von Ihrem kl. Patenkindchen Trautchen, einer ergebenen Empfehlung von meinem Manne bin ich stets u. immer Ihreb Sie so hochverehrende, Ihnen immer treu u. innig dankbar ergebene Adoptivtochter

Elli von Crompton.c

a eingef.: ab; b weiter am Rand auf S. 2: Herzen … immer ihre; c weiter am Rand auf S. 1: Sie so… Crompton.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
23.04.1918
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4558
ID
4558