Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Groß-Brütz, 24. September 1916
FRAU E. V. CROMPTON | JAGDHAUS GR. BRÜTZ | BEI SCHWERIN
Post Wittenförden
24.9.16.
Hochverehrte Exzellenz,
im Begriffe, nach Berlin zu fahren, mit Aufenthalt hier in Schwerin, möchte ich Ihnen nur schnell von ganzem Herzen danken für Ihren so lieben guten Brief mit der Einlage von Herzogin von Mecklenburg Hoffentlich bringt es Glück! Doch nun vor Allem möchte ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, herzlichst danken für Ihr so liebes, mich so sehr ehrendes Angebot, mir das berühmte rote Sopha schicken zu wollen. Eine größere Freude u. Ehre könnte mir gar nicht werden u. alle Erinnerungen, die damit verknüpft sind. Auf diesem Sopha nahm ich ja zum erstenmal bei Ihnen Platz im Zool. Instit. vor jener Reise vor Jahren an einem schönen Octobertag – Ich habe es immer mit solch ehrfürchtiger Scheu betrachtet und nun soll es mein || werden – Ich bin überglücklich und Ihnen von ganzem Herzen – und tiefster Seele so recht, recht innig dankbar für die mich so tief rührende Gabe. Einen Ehrenplatz soll es bei mir haben unter Ihren Aquarellen, Büchern u. Plaketten. Wird das nun aber erst gemütlich werden in meinem kleinen Nest, so ein richtiges Ausruhwinkelchen für mich, für ein kleines Feierstündchen. –
Ich habe ein Paket für Sie mitgenommen in meinem Köfferlein, das ich morgen Montag, den 25. an Ihre Adresse absende von Berlin aus, da es verboten ist, von hier soa etwas zu schicken: Inhalt: 1 Pfund Butter, u. 15 ganz frische Landeier, ganz allein für Sie. Ich hoffe, daß Alles gut ankommt und Ihnen gut tun wird. Da ja jetzt Alles garnicht mehr zu bekommen ist, und ich es durch alle möglichen Mittel erhalten habe, sende ich es Ihnen in der Hoffnung, daß es Ihnen Freude bereitet u. gut tun wird. Wenn ich später vielleicht nach Jena komme, werde ich mehr mitbringen; || jetzt sind die Bestimmungen hier zu scharf, daß es unsicher ist, so etwas zu verschicken. Den leeren Eierkarton bitte ich Sie, mir gelegentlich wieder zurück zu senden; da er eigens dafür bestimmt ist.
Ich komme nun heute Abend in B. an und werde Dienstag Abend wieder zurück. Morgen wird Telefon bei uns gelegt; dann ist es sicherer bei Krankheit, Feuer etc. Bitte wollen Sie so freundlich sein, und Ihre Briefe an mich adressieren, mit dem Zusatz „Post Wittenförden“, dann wird es nämlich schneller bestellt.
Trautchen war vor einiger Zeit sehr niedlich; als ich Ihr liebes Bild (von Bauer) auf dem Sopha stehen hatte, nun es an die Wand anzuhängen; kletterte das kleine Persönchen hinauf, laut rufend „Onkel, Onkel“, dann machte sie „Ei Ei“, d. h. sie streichelte Ihr liebes Bild u. als ich sagte; „ Nun, giebst Du nicht auf dem Onkel ein Küßchen?“ Da küßte sie Sie ganz herzhaft ab. Als sie || hernach wiederkam, jammerte sie laut: „Onkel weg“ – da erblickte sie Sie an der Wand oben. Gleichzeitig strahlte ihr ganzes Gesichtchen „Onkel da, Onkel da“. – Nun kommt sie tägl. in mein Zimmer; sie muß mich aber immer erst darum bitten, denn das ist der einzige Raum, den ich zuschließe; sonst kann sie sich alle Thüren allein aufmachen; u. da ist nichts sicher vor ihr. Dann kommt sie herein, um „Onkel“ Guten Tag zu sagen – doch lieb von ihr, nicht wahr? Bitte grüßen Sie doch Herrn Walter u. Ihre liebe Enkelin Else herzlichst von mir. Ich bin froh, daß Sie jetzt das Zimmer im Phyletischen geschafft haben u. auf diese Weise auch nicht mehr so viel an alle die Häßlichkeiten erinnert werden. Hilft Ihr Herr Sohn jetzt noch bei der Einrichtung des Gedenksaales u. des Zimmers in der Universität?
Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, nochmals auf’s Allerherzlichste
dankend für Brief und das angekündigte wundervolle „Sofa“ Alles Liebe u. Gute stets u immer Ihre Sie so hochverehrende
Ihnen stets treu u. innig dankend ergebene
Elli von Crompton
a eingef.: so