Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Groß-Brütz, 10. September 1916
FRAU E. V. CROMPTON | JAGDHAUS GR. BRÜTZ | BEI SCHWERIN
POST WITTENFÖRDEN
10. Sep. 1916
Hochverehrte Exzellenz,
den ersten Gruß von der ersten Ruhepause aus unserem neuen Heim. Hoffentlich treffen Sie meine Zeilen recht gesund an. Am 5. Septbr. sind wir hier angekommen. Ein toller Wirrwarr; doch ist bis heute schon etwas Luft geschaffen. Die letzten 3/4 Wochen nach Abgang der letzten Möbel logierte ich mit Trautchen noch bei Oberstlt. v. Baumbach’s, wo wir auch am letzten Sonntag, den 3. Septbr. Trautchen noch gleich im Hause taufen ließen. Ich danke Ihnen, hoch-||verehrter Herr Geheimrat, noch herzlich für Ihre gute Annahme der Patenstelle bei unserem Sonnenscheinchen. Ich bin sehr froh und glücklich darüber.
Sie heißt: „Ellinor, Edeltraut. Elisabeth.“
Gräfin Hildgard, die beiden Baumbach’s, Frau Pfarrer Lemcke, meine alte Kgb. Freundin u. meine andere Freundin haben auch Patenstelle übernommen. Was es Alles für Schwierigkeiten machte (wegen der Eintragung in’s Standesamt ist es bis an den Oberpräsidenten v. Potsdam gegangen) ebenso über unsere letzten Berl. Erlebnisse (Ruhleben sp.) erzähle ich Ihnen vielleicht noch 1 x mündlich.
Für Ihre liebe Karte an Edeltraut danke ich Ihnen herzlichst. Gestern traf hier auch noch ein Päckchen für sie von Grf. Hildgard ein. ||
Wenn Sie, hochverehrter Herr Geheimrat, jetzt vielleicht einmal mich an den Herzog empfehlen würden, wäre ich Ihnen herzlichst dankbar. Hoffentlich bringt es Erfolg. Ebenso das Papier!
Haben Sie Nachricht von der Rundschau? Gerne wäre ich noch 1 x hingegangen, doch hatte ich mir in letzter Zeit durch all die grenzenlosen Aufregungen eine solch böse Gallensteingeschichte zugezogen, daß eines Abends spät unser guter Sanitätsrat noch kommen mußte u. mir Morphiumeinspritzung machen; mein Mädchen blieb die ganze Nacht auf. Ebenso hat er mir hierhin schon welches nachgesandt. Trotzdem bewundert er meine „eisernen Nerven“ trotz Allem.
Es ist wunderschön hier. Trautchen wird „das reine Landedelfräulein“; sie ist glückselig über Alles; nur läßt sie nicht einen Augenblick mich los; diese letzte vielfache Wechsel war eben zu viel für das kleine Kindergehirn. || Nun bin ich ihr wohl in all dem Wechsel der einzig ruhende Punkt in der Erscheinungen Flucht.
Wundervolle Sonnenuntergänge –
Wenn ich nur erst mal etwas freien Kopf haben werde – mit der Einrichtung fertig sein werde – will ich die Schönheit u. Ruhe hier auch etwas genießen. Ich nahm zur Reise gleich 2 junge Mädchen, die unentgeltlich hier bei mir lernen sollen u. wovon die eine sich als besonders lieb u. anstellig herausstellt. Denn mit Dienstboten ist es hier sehr schwer. Ich habe ja eins – doch für wie lange – wenn das Nest 1 x leer sein wird – das wissen die Götter!
Doch nun für heute Schluß, lieber, guter Herr Geheimrat, es grüßt Sie von ganzer Seele hoffend, recht bald von Ihnen zu hören, und zwar Gutes, stets u. immer
Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen stets treu u. innig dankbar ergebene
Elli von Crompton