Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Grunewald, 23. April 1916.

Berlin-Grunewald, Charlottenbrunnerstr. 4

23. April 1916. (Ostern)

Hochverehrte Excellenz,

von Herzen Ihnen aufrichtigst dankend für Ihre lieben Zeilen, habe ich mich innig gefreut zu hören, daß es Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, gut geht, auch Ihrer lieben Enkelin und daß das Büchlein so rüstig vorwärts schreitet.

Einliegenden kleinen Frühlingsstrauß habe ich Ihnen gestern aus Finkenkrug mitgebracht. Zu dem Ausflug waren wir von seltenem Wetter begünstigt und brachte ich auch eine kleine Aquarellskizze heim, die Ihnen vielleicht auch gefallen würde. ||

Die Buchen sind doch schon weit, nicht wahr?

Die einzeln eingewickelte Pflanze weiß ich jedoch leider nicht zu bestimmen. Standort ziemlich feuchta bei den Leberblümchen unter trockenem Laub vorkommend. Ich wäre Ihnen herzlich dankbar für eine Bestimmung, wenn es Ihnen, lieber, guter Herr Geheimrat, nicht zu viel Mühe verursacht.

Unsere Wohnung hier haben wir vorläufig weiter gemietet und wohnen somit zur Miete hier.

Die Fabrik in Lichtenberg-Berlinb, in die mein Mann Geld gesteckt hatte und die er deshalb übernehmen mußte (das ist eine lange Geschichte, die ich Ihnen vielleicht persönlich einmal erzählen darf) ist eine Propeller- und Modellfabrik. Seine Firma ist eingetragen und dank seiner guten || Verbindungen hier ist es ihm gelungen, (was besonders schwer hielt bei einer solch jungen Firma) direkte Heeresaufträge zu bekommen, und zwar der erste für die Gewehrfabrik in Spandau, der zweite, vorgestern eingetroffene für die Gewehrfabrik Danzig.

Wir hoffen nun sehr, daß auch weiter Alles so gut klappen wird und wir nun Alles wieder herausziehen können und außerdem eine auskömmliche Existenz dadurch gewinnen.

Ich glaube doch immer, daß unser kleines Trautchen uns Glück gebracht hat – außerdem ist sie wirklich ein liebes, gutes Sonnenscheinchen. Seit vorgestern sagt sie immer zu mir „Wiebe=Mamma“. Eine ganz süße, innige Betonung auf der ersten Silbe von „Liebe“.

Heute kann ein Paket an von Gräfin || Hildgard, worin sie Trautchen zu ihrem Geburtstag am 26. ein Frühjahrsmäntelchen schickt, doch riesig lieb und nett von ihr. Außerdem selbst gedörrtes Backobst für das Kleinchen und für mich ein Blumentöpfchen „Linaria“, das ich so liebe und das die Jungfer dort mit einer kl. Begonie zusammen aufgezogen hat.

Wenn es irgend geht, werde ich auch in diesem Frühjahr einige Tage nach Jena kommen, um Sie, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, begrüßen zu können und freue ich mich schon von ganzem Herzen darauf.

Am 20. und 21. weilten meine Gedanken sehr viel bei Ihnen und hoffe ich nur herzlich, daß Sie ziemlich über diese zwei bösen, schweren Tage hinweggekommen sind.

Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, Alles Gute und Liebe wünschend, bin ich mit herzlichsten Grüßen, denen mein Mann sich auf’s Beste anschließt, stets und immer Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen treu und innig dankbar ergebene

Elli von Crompton

P. S. Ist es nicht wirklich entsetzlich, daß Wilson doch hinsteuert, um mit uns in Kriegszustand zu kommen, u. zwar auf Grund diesesc Sussex-Falles, von dem ein Schweizer doch aufgeklärt hat, daß es keine Torpedo gewesen ist. Vergangenes Frühjahr Italien - dies Frühjahr Amerika?d

a eingef.: ziemlich feucht; b eingef: in Lichtenberg-Berlin; c weiter am Rand auf S. 4: P.S. Ist … dieses; d weiter am Rand auf S. 3: Sussex-Falles … Amerika?

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
23.04.1916
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4516
ID
4516