Huschke, Otto

Otto Huschke an Ernst Haeckel, Gera, 15. Februar 1908

Gera, 15. Febr. 1908

Lieber Ernst!

Nach den Berichten Deiner Gattin befindest Du Dich auf der Höhe, wie ein Mann Deines Alters sie an Tatkraft und Intelligenz nur einnehmen kann, was auf die entsprechende Gesundheit einen begründeten Schluß zuläßt.

Mein Glückwunsch zu Deinem Eintritt in Dein Dreivierteljahrhundertjahr kann daher nur dahin gehen: Fahre so fort! Noch lange Jahre! Ich bin davon abgekommen zu schreiben: Maß zu halten ist gut, sprach Kleobulos von Lindos, sondern halte mich richtiger an das Wort: naturam || expellas furca, tamen usque recurret! Du bist so an unausgesetztes Ringen gekettet mit all Deinen Sinnen und Trachten, daß das otium cum dignitate für Dich nicht geht. Du würdest unglücklich sein, wenn Du dazu gezwungen wärest. Wenn Du das Gegenteil mitunter selbst ausgesprochen hast, so hast Du Dich über Dich selbst getäuscht. Aber deshalb brauchst Du noch nicht gegen Deine Gesundheit zu wüten. Übernimm Dich nicht, übertaxire Deine Kraft nicht. Denn auch sehr kräftige alte Leute können daran scheitern. Mit diesem guten Rate gratuliren wir drei Alten Dir auf das Herzlichste! ||

Meine Frau, die gestern zum 1. Male sich aus dem Bette herausgewagt hat, befindet sich sichtlich besser, wenn es auch ein bissel sehr langsam geht mit dem Vorwärts. Nun wird ja hoffentlich eine Pause eintreten in der Reihe der Anfechtungen!

Deiner lieben Frau, der ich für Ihre teilnehmenden Zeilen vielmals zu danken bitte, und den sonstigen anwesenden Familienmitgliedern unsere freundlichsten Grüße!

In alter Treue

Dein O. Huschke

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.02.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 44588
ID
44588