Hermine Haeckel an Ernst Haeckel, Freienwalde, 7. Februar 1860
Freienwalde 7/2 60
Mein lieber Ernst!
Karl schickt an Dich direkt einen Glückwunsch zum 16sten, da will ich doch einige Worte beifügen, die Dir natürlich zu allererst meinen recht herzlichen Glückwunsch sagen sollen. Möge Gott Euch Beide recht bald gesund und frisch an Geist und Körper zusammenführen, das fürs Erste; dann möge es Deinen Weihnachtstraum im Laufe dieses Jahres verwirklichen, dann könnt Ihr Deinen Geburtstag 1861 in Jena mit ungestörtem jungena Glück feiern. Ich hoffe Du wirst gegen Alles dies Nichts einzuwenden haben, und glaube ich daß Anna mit Vergnügen dem beitritt. Wer von Euch übrigens am Meisten mit Sehnsucht zu kämpfen hat, wage ich nicht zu entscheiden, ich weiß nur das, daß Anna mehr damit zu schaffen hat, als sie es gesteht und sieht sie gewiß mit großer Spannung Deiner Ankunft entgegen. Quincke behauptet auch, die liebe Alte || würde nicht eher gesund werden bis ihr Ernst zurück sei. Daß die Arme für Dich also schon längst geöffnet sind, siehst Du, Du darfst nur hinein fliegen.
Übrigens geht es allgemein viel besser in Berlin, Weihnachten war die Mutter sehr herunter und namentlich so sehr verstimmt und reizbar, so daß man sich nicht genug zu hüten hatte; ebenso bei Tante Bertha, die uns in Folge der Gehirnentzündung und Rose fast gar nicht gesehen hat. Wir haben uns Gott sei Dank sehr tapfer gehalten und wünsche ich auch nur, daß der Winter so vergehen möge. Du wirst die Kinder sehr verändert finden, am auffallendsten den Herman, der jetzt sehr kräftig ist. Ich begieße alle drei ununterbrochen täglich mit kaltem Wasser, was ihnen sehr wohl bekommt. Karl übt sich jetzt reizende Figuren zu zeichnen und dann auszuschneiden, Du würdest Deine Freude daran haben. Rechnen lernt er sich allein, die übrigen Schulkünste wird er Ostern zu üben anfangen. Sie spielen mitunter reizend zusammen. Heinrich den Du nun noch gar nicht einmal kennst, fängt nun an sich überall aufzurichten und kriecht auf allen Vieren. Anna Liese ist ein possirliches kleines, braunes Schwatz-Mädel wie die Jungens sagen. Übrigens grüßen Dich Alle Drei herzlich; sie fragen unendlich nach Dir und ob Dich die vielen Thiere auch nicht beißen. Noch einen recht innigen Gruß von Deiner treuen Schwägerin.
Mit großem Interesse lesen wir immer Deine Briefe, auch heute Abend wird einer gelesen, mit des zweiten Butära Gärten.b
a korr. aus: jungem; b weiter am linken Rand von S. 1: Mit großem … Butära Gärten.