Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Freienwalde, 11. Februar 1859, mit Nachschrift von Hermine Haeckel
Freienwalde
den 11 Februar 1859.
Lieber Bruder!
Diesmala kann man Dir so unendlich viel Gutes zum Geburtstag wünschen, in Bezug auf die Reise, auf zu Hause, u. s. w. daß ich lieber nicht erst mit Aufzählen anfange, sondern alles zusammenfassend Dir nur aus vollem Herzen wünsche, daß die Reise für Dich in jeder Beziehung glücklich und ungetrübt ausfalle und Du bei der Rückkehr alles wohl wiederfinden mögest. Die Alpen hast Du nun schon hinter Dirb und gehst wohl nächster Tage nach der ehrwürdigen Roma ab; laß Dich unterwegs nicht ausplündern u. wähle deshalb die sicherste Reisegelegenheit. Bis jetzt haben wir hier nur Deine ersten Zeilen, von Würzburg gelesen. Andere sind gewiß schon in Anna’s Händen oder unterwegs. Daß die Posten zu irgend einer Zeit im nächsten Jahre ohne Briefe von Dir oder an Dich sein werden, ist kaum anzunehmen. Ich verdenke es Euch auch gar nicht, daß Ihr Euch auf diese Weise Ersatz für die lange Trennung schafft, bin aber auch überzeugt, daß Euch diese Trennung recht heilsam ist, das fühlst Du gewiß selbst auch.
Gern hätte ich Dich in diesem Briefe mit dem bei uns erwarteten Familienereigniße überrascht, aber wir sind dahin noch nicht gelangt. Meiner Miesekatze wird es diesmal recht sauer und || ich wünsche ihr von Herzen, daß sie bald erlöst werden möge. Etwas Erkältung abgerechnet, die bei dem wechselnden Wetter kaum zu vermeiden war, sind wir und die Kinder wohl. Anna wird täglich komischer u. schelmischer. Montag feiern wir ihren dritten Geburtstag. Besondres ist hier nicht passirt, was für Dich Interesse hätte. Gestern u. heute ist hier Hofjagd, damit die Saaten Ruhe bekommen, aber ohne die Prinzen. – Da fällt mir ein: ich glaube gar, Du hast aus reiner Vaterlandsliebe Deine Reise so lange verzögert; Du wolltest durchaus erst des Prinzchens Geburt noch abwarten. – Wir leben jetzt still im Hause nachdem wir in der letzten Woche des Januars noch einige Gesellschaften mit durchgemacht. Alle 8 Tage haben wir mit Frl. Wagemann u. Arndt ein Lesekränzchen (beide erkundigen sich angelegentlich nach Dir); neulich lasen wir darin eine kurze Biographie Raphael’s. Von dem wirst Du doch ganz prächtige Sachen in Rom, u. auch schon in Florenz, sehen. Er hat in seinem kurzen Leben Ungeheures geleistet. – Nun herzlichen brüderlichen Gruß, alter Junge, von Deinem treuen Bruder Karl.
[Nachschrift von Hermine Haeckel]
Für meinen Doppelschwager diesmal nur den herzlichsten Glückwunsch, ich kann nur Karls unterschreiben, er enthält Alles, was wir Dir fürs nächste Jahr wünschen können. Wenn Du auch Deinen Geburtstag allein und ohne Anna verlebst, so wird er Dir was Dein Verhältniß zu ihrc betrifft, ungleich lieber sein als der vorjährige, wo Du voller Kämpfe stackst. Gebe Gott Euch stetes Glück. Die Jungens und Klein Annchen schicken Dir auch einen Gruß nach Italien, worüber Mutter dem Karl viel Rede stehen muß. In alter herzlicher Liebe, Deine Schwägerin Hermine.
a korr. aus: Jedesmal; b korr. aus: Dich; c korr. aus.: Dir